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Willi Kosiul Autor
aus der Bukowina
Bei der Einteilung der Arbeitsgruppen wurde durch unseren Lagerleiter jeweils aus unserer Mitte ein Verantwortlicher benannt, mit dem wir selbständig zu unserem vorgegebenen Arbeitsplatz gingen, die Arbeit verrichteten und wenn die Arbeit fertig war bzw. zum Feierabend, gingen wir dann wieder selbständig ins Lager zurück. Wir konnten da sehr selbständig handeln. Uns hatte weder jemand bewacht noch zur Eile angetrieben, da bei diesen Außenarbeiten meist kein solcher „Antreiber“ zugegen war. Die beste Arbeit war im Militär-Versorgungsmagazin der Roten Armee in Sighet, wo noch volle Versorgungslager der deutschen Wehrmacht waren, von Juno-Zigaretten über Essgeschirr bis zu Unterwäsche und Fußbekleidung, war hier in mehreren Lagerhallen alles vorhanden. Da Sighet ein wichtiger Eisenbahn-Verkehrsknotenpunkt der Roten Armee zwischen Ost und West war, wurden hier auch alle durchfahrenden Militärtransporte der Roten Armee in beiden Richtungen sowie die Armee-Einheiten in der Umgebung, von Sighet aus versorgt. Deswegen waren hier so viele Versorgungslager und Versorgungsgüter, einschließlich der Frischbrot-Versorgung aus einer großen Militär-Feldbäckerei. Wer in diesem Versorgungsmagazin arbeiten durfte, der war immer gut dran. Der ging morgens mit kaputten Schuhen oder auch Holzpantoffeln zur Arbeit und kam abends zum Feierabend mit neuen Schuhen oder auch Stiefeln wieder ins Lager zurück. Auch die Unterwäsche wurde hier erneuert oder auch dreifach übereinander gezogen und so manches Essgeschirr wanderte mit zu ins Lager. Im Lager erfolge dann damit auch der Warenaustausch oder auch der Handel unter unseren Leuten. Ich hatte nur einige Male das Glück in diesem Versorgungslager tätig zu sein und da auch nicht in den Hallen mit Zigaretten und Bekleidung sondern nur bei anderen Versorgungs-Gegenständen. Dadurch hatte ich nur die Möglichkeit mich mit Teller, Schüsseln, Tassen sowie Essbestecke u. a. zu versorgen. Doch da oft die Teller und Schüsseln unter meine Jacke zu viele waren und ich dadurch zu dick aussah, war ich beim Verlassen der Versorgungsgebäude wiederholt aufgefallen und durch den Posten wieder zurück geschickt. Mehr konnte uns da sowieso nicht passieren. In diesen Fällen musste ich wieder in die Lagerhalle zurück, legte davon einige Teller ab und ging dann mit etwas weniger Beute, durch einen anderen bewachten Ausgang nach Hause. Dadurch konnte ich mir im Lager für einige Küchengegenstände ein Paar Schuhe eintauschen, weil bei meinen Schuhen fast schon die Brandsohlen durch kamen. Auch eine gute Arbeitsstätte war die große Militär-Feldbäckerei. Hier mussten wir leichte Transportarbeit leisten und überwiegend Brot transportieren. Das frisch gebackene Kastenbrot (Vollkornbrot für die Soldaten und Weizenbrot für die Offiziere) wurde in einer großen Kiste auf der Waage gewogen und durch uns per Hand lose auf LKW verladen und damit die Militärtransporte am Bahnhof beliefert. Zum Feierabend erhielten wir jeden Tag, jeder von uns ein halbes Kastenweizenbrot von etwa 1 kg für nach Hause. Während wir den LKW beladen hatten, hatte der sowjetische Kraftfahrer ganz heimlich bei jeder Fahrt so einige Brote in seinem Werkzeugkasten verschwinden lassen und sie danach verkauft. Als wir das bemerkt hatten, da hatten wir uns zum Feierabend aus diesem Werkzeugkasten heimlich auch einige Brote herausgeholt, bis der Kraftfahrer dahinter kam und es deswegen zwischen uns deutschen Arbeitern und dem sowjetischen Kraftfahrer Streit gab. Doch bald hatten wir Deutschen uns mit dem sowjetischen LKW- Fahrer geeinigt. Denn seine Diebstähle durften ja auch nicht auffallen oder bekannt werden und wenn wir es gemeldet hätten, dann wäre dieser Lkw-Fahrer böse dran gewesen. Danach hatten wir dann mit dem sowjetischen LKW-Kraftfahrer gemeinsame Sache gemacht. Wir durften den sowjetischen Soldaten auch nicht verraten, sonst hätte er Ärger bekommen. So lief dann alles weiter bestens ab, ohne Streit und zum Vorteil aller daran beteiligten. Meine Mutter bekam durch meine Arbeitseinsätze in der Bäckerei so viel Weizenbrot, dass sie dieses viele Weizenbrot in Scheiben geschnitten und es in der Sonne, für noch schlechtere Zeiten getrocknet und in Stoffbeutel verpackt hatte. Eine dritte Arbeitsgruppe war mit Entladearbeiten auf dem Güterbahnhof beschäftigt. Diese Arbeit war für uns nicht so gewinnbringend. Hier gab es auch kein Mittagessen und so mussten wir als Selbstversorger uns dort täglich was einfallen lasen. So z. B. musste auch ich oft zum Güterbahnhof in Sighet zum Holzentladen. Dort war ein Meter langes Scheitholz aus Buche –aus dem offenen Güterwagen auf Militär-Lkw- zu verladen, was für Brennholz bestimmt war. Etwa 8 bis 10 Mann mussten das meterlange Scheitholz vom Güterwagen ständig auf Lkw. umladen. Der Lkw. brachte es, ohne uns, zum Bestimmungsort, wo andere Kräfte mit der Entladung beschäftigt waren. So pendelten einige Lkw. bei diesem Brennholz- Transport immer hin und her. In dieser Zwischenzeit gingen immer wieder einige von uns, mit einem oder auch zwei Scheitholzstücken geschultert, zum dortigen Basar und verkauften dort das Scheitholz. Dadurch kamen wir zu Geld, um uns auch dort auf dem Basar ein kleines Mittagessen kaufen zu können und dabei auch unser bescheidenes Taschengeld etwas aufzubessern. Dieses war da die ganze Zeit so ohne Probleme verlaufen. Darum hatte sich da niemand gekümmert. Die Hauptsache war, dass die Lkw. immer zügig geladen wurden und der Holztransport lief. Den sowjetischen Soldaten als Kraftfahrer war es auch lieb, wenn wir nicht so schnell beladen hatten, dann brauchten sie auch nicht so oft fahren. Da wir aber keine lange Ladezeiten haben wollten, sondern dafür längere Zwischenzeiten, Pausen zum Holzverkauf, hielten wir die Kraftfahrer an – auch in ihrem Interesse – die Strecke immer langsamer zu befahren, um dadurch für uns mehr Wartezeit zu gewinnen. Durch unsere Ansiedlung in Oberschlesien, konnten wir fast alle gut polnisch sprechen und hatten auch inzwischen schon etwas russisch dazu gelernt. Deswegen konnten wir uns mit diesen sowjetischen Kraftfahrern einigermaßen in der Landessprache verständigen und hatten durch diesen persönlichen Kontakt und ein gutes Verhältnis zu ihnen. Das traf auch für andere Arbeits- Einsatzstellen sowie für das Wachpersonal im Lager zu. Die letzte und magerste Möglichkeit war das Arbeitskommando im Lager, welches unter der Leitung unseres deutschen Lagerführers, bei der Objektgestaltung, Reparatur oder Reinigung unserer Anlagen, verschiedene Arbeiten zu verrichten hatte. Hier war man im Lager = zu Hause, hatte eine gemütliche Arbeit, sein warmes Mittagessen, aber keinen Gewinn an Materialien oder Geld. Deswegen wollte jeder von uns lieber außerhalb des Lagers arbeiten, um dabei noch etwas für sich organisieren zu können. Mit der Zeit entwickelte sich da in unserem Lager ein lustiges Lagerleben, auch mit Musik und Tanz. So versuchten unsere Leute dieses ungewisse und aussichtslose Leben doch noch einigermaßen zu ertragen und einfach darauf zu warten, was mit uns passieren wird. Der sowjetische Lager-Kommandant – ein noch recht junger Oberleutnant – hatte sich um Einzelheiten des Lagerlebens gar nicht gekümmert. Wenn da etwas anlag, ließ er es immer über unseren deutschen Lagerleiter regeln. Nach einigen Wochen Aufenthalt in diesem Internierungslager – so Anfang Juni – kam der Befehl zum Sachen packen und für den Abmarsch sich fertig zu machen. Keiner sagte wohin, das blieb immer geheim und ungewiss. Militärfahrzeuge der Roten Armee fuhren ins Internierungslager, wir und unsere Sachen wurden auf diese Lkw. verladen und nicht wie vermutlich zum Bahnhof gebracht sondern hier in Sighet in ein Militärlager der Roten Armee gefahren. Mitten vieler Gebäude mit Rotarmisten wurden wir dort als deutsche Zivilisten mit Frauen und Kindern in einer Baracke extra untergebracht. Das konnten unsere Leute nun gar nicht begreifen. Das wir jetzt in einem Militärlager der Roten Armee untergebracht waren und nicht mehr in einem Internierungslager. Es war jetzt für viele klar, die wollen uns integrieren und wieder in die Nordbukowina nach Hause bringen. Der Gedanke nach Sibirien war dadurch jetzt etwas verdrängt worden. Hier wurden wir aus einer Militärküche mit den Rotarmisten – nach ihren Verpflegungsnormen – verpflegt. Das ganze Lager war da streng bewacht. Ausgang gab es hier überhaupt nicht und auch keine Arbeitseinsätze. Dadurch waren wir hier nicht mehr in einem Internierungslager, wohl in einem Militärlager, aber nicht mehr unter uns, ohne eine deutsche Lagerverwaltung, ohne Ausgang und ohne diese Freiheiten, die wir dort, im bisherigen Internierungslager von Sighet hatten. Doch diese Zeit dauerte für uns nicht lange. Etwa nach 2 Wochen dortigem Aufenthalt in diesem Militärlager der Roten Armee in Sighet hieß es wieder Sachen packen und fertig machen für den Abtransport. Dabei sickerte es durch, woher ist mir unklar, dass es wieder nach Deutschland zurückgeht. Wir wurden mit unseren Sachen wieder auf Militär-Lkw. verladen, zum Bahnhof gebracht und dort einwaggoniert und danach wieder –unter sowjetischer Bewachung- nach Deutschland zurück gebracht. Warum wir damals -für diese zwei Wochen- aus dem deutschen Internierungslager Sighet herausgeholt und in das dortige sowjetische Militärlager untergebracht wurden, blieb danach für immer unklar. Auf dieser meiner Reise 2002, fuhren wir durch die rumänische Grenzstadt Sighet durch und kamen danach in das Gebiet der Südbukowina hinein, durch Kimpolung, Vama und Gura Humora nach Suczawa, der rumänischen Bezirkshauptstadt der Südbukowina. Die Stadt Kimpolung hat heute 23.000 Einwohnern und die Stadt Suceava ist eine Großstadt, welche unser erstes Reiseziel war. Die Fahrt an diesem Donnerstag war eine reine Gebirgsfahrt, bei herrlichem Sonnenschein. Sie verlief weiter in Richtung Osten, jetzt südlich an der rumänisch-ukrainischen Grenze entlang. Die Gebirgsstraßen waren hier noch schlechter, noch enger und steiler als bereits am Vortage. Viele serpentinartige Straßen führen ins Gebirge hinauf sowie herunter und waren mit unserem großen Reisebus auch nur ganz langsam zu befahren. Diese romantische langsame Gebirgsfahrt war nicht nur sehr schön und erlebnisreich, sondern für manchen unserer Reisegäste auch recht beängstigend. Als es durch manchen dieser sehr scharfen und engen Kurven durch ging und an der Straßenseite eine ganz tiefe Schlucht, (ohne eine Straßen-Seitenbegrenzung) zu sehen war. Da hatte sich mancher unserer Reisegäste an seinem Sitz festgehalten. Erst als wir diesen Karpatenrücken von Westen nach Osten überquert und nach Kirlibaba bei Jakobeni die bessere Fernverkehrsstraße nach Suceava erreicht hatten, da atmeten unsere Reisegäste wieder richtig auf und waren froh, dass wir es geschafft hatten. Bei allen diesen schönen Karpatenhöhen-Reiserlebnissen waren alle unsere Reisegäste –aber auch unser Busfahrer- froh, dass alles so gut und problemlos verlaufen war. Danach ging es auf der bedeutend besseren Fernverkehrsstraße –schon auf dem Gebiet der Südbukowina, über Kimpolung – Wama und Gura Humora- lockerer und entspannter, in Richtung der Bezirkshauptstadt nach Suceava voran. Meine Rückreise von Sighet in Rumänien nach Riesa bei Leipzig in Ostdeutschland Schon am darauf folgenden Tag verließ unser Güterwagentransport die Stadt Sighet und fuhr ab in Richtung Norden. Noch vor der rumänisch-sowjetischen Grenze nach Norden, kam vom sowjetischen Transport-Kommandanten die Anweisung, nach dem Überschreiten der rumänisch-sowjetischen Grenze, im Grenzsperrgebiet waren die Türen zu schließen und bei Halt des Zuges, durfte niemand aussteigen. Damit diese Anweisung auch eingehalten wurde, wurden noch vor der Einfahrt in sowjetisches Gebiet, durch die sowjetische Wachmannschaft- alle unsere Waggontüren von außen verriegelt und dadurch konnten die Waggontüren von innen nicht mehr geöffnet werden. Nun kam bei unseren Leuten wieder die Angst hoch, dass es doch nicht nach Deutschland zurückgeht, sondern in die sowjetische Nordbukowina oder gar nach Sibirien. Die Parole „nach Deutschland zurück“ wäre nur hineingebracht worden, um uns zu beruhigen. So schaute mancher unserer Leute, bei verschlossenen Waggontüren durch die vorhandenen Ritzen, um nach der Sonne und den Himmelsrichtungen festzustellen, in welcher Richtung wir fahren. Doch als dann später festgestellt wurde, dass es später in Richtung Westen ging, wir das Grenzsperrgebiet passiert hatten und die Waggontüren –durch die sowjetische Waschmannschaft- von außen wieder geöffnet werden, erst da atmeten die Leute wieder richtig auf. Danach waren alle Zweifel verworfen und die Überzeugung setzte sich dann durch, dass es mit uns doch nach Deutschland zurückgeht. Dieser Transport war mit etwa 650 Personen nach Familien locker in Güterwagen untergebracht. Im ersten Waggon saß der sowjetische Transport-Kommandant – ein sowjetischer Offizier – mit seiner Wachmannschaft in der Stärke von etwa 20 Soldaten. Im zweiten Waggon war der sowjetische Fourier mit der Verpflegung für den Transport untergebracht. Im dritten Waggon war die Erwachsenenküche mit Kochkessel und Feuerungsmaterial und im vierten Waggon gab es sogar eine Kinderküche mit gleicher Ausrüstung. Die Köche und Heizer in beiden Küchenwaggons waren unsere Leute. Der Fourier, ein Feldwebel der Sowjetarmee, hatte an beide Köchen täglich Naturalien ausgegeben und in den Waggonküchen wurde durch deutsches Personal gekocht und unterwegs drei Mal täglich –waggonweise, getrennt für Erwachsene und Kinder – das Essen ausgegeben. So war auf diesem Transport die Versorgung gesichert und endlich Hoffnung sowie Freude aufgekommen, dass es nach diesen vielen Wirren, Ängsten und Strapazen wieder zurück nach Deutschland geht. So wurden wir bei zügiger Transportreise, in nur wenigen Tagen, durch die Sowjetarmee wieder nach Deutschland gebracht und in Riesa bei Leipzig, durch den sowjetischen Transport-Kommandanten den deutschen Behörden übergeben. Damit war nach fast einem Jahr, (von August 1945 bis Juni 1946) unsere uns aufgezwungene Rumänien-Rundreise zu Ende. Nun waren wir wieder in Deutschland gelandet, fast dort, wo wir im August 1945 - in Leipzig – unsere Rumänienreise begonnen hatte. Hier auf meiner Busreise 2002 in die Bukowina, ging es von Sighet weiter durch das schöne Gebirge des Maramuresch immer noch in östlicher Richtung, südlich der rumänischen-ukrainischen Grenze entlang, wo wir uns auf schlechten Nebenstraßen über die Ortschaften Viseu de Sus, Borsa, Cirlibaba, Jobobeny, Kimpolung, Wama und Gura Humora in Richtung Suczawa (auf rumänisch Suceava) langsam aber sicher bewegten. Die Höhenlagen sind hier um die 1500 m über dem Meeresspiegel, die Straßen uneben sowie schmal und sehr kurvenreich, ja serpentinartig. Für unseren Reisebusfahrer war das eine sehr große Herausforderung und für uns Reisegäste war die Fahrt durch diese wunderschöne Gebirgslandschaft ein wahres Erlebnis. Hier auf dieser Tour überquerten wir die Waldkarpaten von West nach Ost. Die geographische Karte dieses Gebietes weist hier Höhen von weit über 1000 m auf, so z.B. bei Borsa die höchste Erhebung nördlich davon mit 1.939 m und südlich davon sogar 2.305 m über dem Meeresspiegel. Aber auch bei Vatra Dorna mit 1.857 m sowie auch Gura Homora mit 1.223 m ist die Gebirgslandschaft der Waldkarpaten sehr schön und beeindruckend. Nach Suczawa hin – am Osthang der Waldkarpaten – mit nur noch 341 m Höhe geht es in Richtung Radautz und so bergab in die fruchtbare Ebene des Nordostens Rumäniens. Als wir Wama, früher Kreis Kimpolung durchfuhren, wo einst mein Bruder Adolf sich im Jahre 1948 mit seiner Familie, infolge der Nachkriegsereignisse, niedergelassen und bis 1989 dort gelebt hatte, da passierte ich erneut eine wichtige Station meines Lebens und des Lebens meines Bruders Adolf, der ja 1940 nicht mit uns an der Umsiedlung nach Deutschland teilnahm, sondern mit unserem Vater zu Hause in Czudyn in der Nordbukowina verblieben war. Als wir - meine Mutter mit uns drei Kindern (Rudolf, Elisabeth und Willi)– im Jahre 1940 nach Deutschland umgesiedelt wurden, da war mein Vater und mein ältester Bruder Adolf mit seiner rumänischen Familie in Czudyn zurück geblieben. Im Sommer 1942 wurde mein Bruder Adolf zur rumänischen Armee einberufen und versah Küsten-Schutzdienst bei Konstanza am Schwarzen Meer. Als die Ostfront sich in Rückzugskämpfen befand und sich der Bukowina näherte, erhielt im März 1944 mein Bruder Adolf von seiner Truppe aus Konstanza Sonderurlaub, um seine Familie aus der Bukowina nach Zentral-Rumänien in Sicherheit zu bringen. Dadurch verließ mein Bruder Adolf -mit seiner Familie- im März 1944 unseren Heimatort Czudyn und flüchtete aus der Nordbukowina in Richtung Westen, bis nach Arad – im Nordwesten Rumäniens – an der ungarischen Grenze. Mein Vater wollte trotz heran nahenden Ostfront und den drohenden Kriegshandlungen dort in Czudyn sein Haus nicht verlassen und war nicht geflüchtet. Er zog es als 63- jähriger Mann vor, dort in unserem Haus in Czudyn zu bleiben, egal was da komme. Deswegen war auch mein Bruder ohne seinen Vater geflüchtet und musste ihn deswegen auch zurück lassen. In all den Jahren danach, wusste mein Bruder nichts von unserem Vater, ob er diesen Krieg dort in Czudyn überlebt hatte, ob er noch lebt und wie es ihm geht. Auch als unser Vater 1946 in Czudyn verstorben war, erreichte keine Nachricht meinen Bruder in Arad im Nordwesten Rumäniens. Erst im Jahre 1948 entschloss sich mein Bruder Adolf mit seiner Familie aus der Gegend von Arad wieder in die Bukowina zu ziehen. Doch da die Bukowina immer noch in den sowjetischen Norden und in den rumänischen Süden geteilt und die Grenze dazwischen gesperrt war, konnte mein Bruder nicht nach Hause nach Czudyn, sondern musste in der Südbukowina unter Rumänien bleiben. Dadurch wurde er gezwungenermaßen in Wama Kreis Kimpolung sesshaft. Auch in dieser Zeit -1948- wusste mein Bruder von unserem Vater in Czudyn und von zu Hause nichts. Die Grenze war absolut dicht, ohne Grenzverkehr und deswegen kamen auch keine Informationen aus der sowjetisch besetzten Nordbukowina und der rumänischen Südbukowina rüber. Zu diesem Zeitpunkt war mein Vater bereits über 2 Jahre tot, unser Haus sowie Stall und Scheune stand nicht mehr und alle Häuser dieser Wohngegend waren abgerissen und verschwunden. Aus unserem ganzen Wohngebiet dort im Ortsteil Kornischor, der Gemeinde Czudyn und der gesamten Hutweide wurde ein Panzerübungsgelände gemacht, es für Panzerübungen und auch für große Panzermanöver genutzt. Erst Anfang der 50-er Jahre wurde zwischen der Südbukowina und der Nordbukowina ein geringer Reiseverkehr, ein kleiner Grenzverkehr ermöglicht und da erfuhr erst mein Bruder Adolf vom Tod unseres Vaters und vom Zustand unserer dortigen Wohngegend. Inzwischen hatten wir auch aus Deutschland Verbindung zu meinem Bruder Adolf in Rumänien bekommen und wir besuchten uns in den weiteren Jahren gegenseitig. Seine Ehefrau Anna ist am 01. April 1989 im Alter von 80 Jahren dort in Wama verstorben. Danach lebte mein Bruder als Witwer bei seiner geschiedenen jüngsten Tochter Eugenia in ihrem Wohnhaus und Haushalt in Wama bis zu seinem Tode. Im September 1989 war ich das letzte Mal bei meinem Bruder in Vama zu Besuch. Doch zu dieser Zeit war mein Bruder Adolf bereits recht schwach und von einer bösartigen Krankheit (vermutlich Magenkrebs) gekennzeichnet. Als ich von ihm Abschied nahm, da war mir klar, dass dieses Mal unser allerletztes Wiedersehen gewesen ist. Und so war es dann auch. Denn 2 Monate später – am 19. November 1989 – ist mein Bruder dann dort in Wama verstorben. Er hatte 6 verheiratete Kinder sowie auch viele Enkelkinder hinterlassen. Erst jetzt auf der Durchreise durch Wama im Jahre 2002 – nach 13 Jahren – hatte ich die Möglichkeit wieder den damaligen Wohnort meines ältesten Bruders Adolf –Wama- sowie erstmals seine letzte Ruhestätte auf dem dortigen Friedhof und auch einige seiner Kinder sowie Enkelkinder in Wama zu besuchen. Als unser Reisebus auf der Fahrt durch die Karpaten nach Suczawa, den Ort meines Bruders Wama passierte, bin ich –wie mit unserem Reiseleiter vereinbart- dort in Wama ausgestiegen, um diese für mich so günstige Möglichkeit des Wiedersehens mit der Verwandtschaft wahrzunehmen. Unser Reisebus fuhr weiter, in die dortige Bezirksstadt der Südbukowina, nach Suceava, zu unserem ersten Reiseziel mit Übernachtung. Ich folgte unserer Reisegruppe aus Wama mit einem Privattaxi erst am nächsten Morgen nach Suceava. Da ich laut unserer Reiseroute wusste, an welchem Tage und etwa zu welcher Uhrzeit unser Reisebus den Ort Wama passieren wird, hatte ich bereits von zu Hause meinen kurzen Besuch dort bei meiner Verwandtschaft angemeldet und wurden dadurch dann bereits an der Durchfahrtsstraße im Ort Wama erwartet. Ich nahm mein Reisegepäck sowie zwei große Koffer und ein Plastiksack mit Geschenkartikel für meine dortige Verwandtschaft aus unserem Reisebus, verließ unseren Reisebus und ging dort mit all den Sachen - per Handwagen der Verwandten- zu ihnen nach Hause. Danach fuhr ich mit einem dort bestellten Privatauto zum Friedhof in diesem Ort Wama und besuchte dort das Familiengrab meines Bruders Adolf und seiner Ehefrau Anna. Danach trafen sich –zum Abend- zwei Kinder meines Bruders mit ihren Familien zu unserem Wiedersehen, wo wir uns über verschiedene familiäre Dinge verständigen konnten. Dabei durften sie meine mitgebrachten Geschenkkoffer auspacken und sich daraus die Sachen entnehmen, die ihnen passten und auch zusagten. Erst nach Mitternacht, kam ich dort in Wama zur Nachtruhe. So hatte ich hier in Wama im Jahre 2002 die Möglichkeit – zum ersten und wohl auch zum letzten Mal –, nach 13 Jahren, seit seinem Tod 1989, das Grab meines Bruders Adolf zu besuchen und mich für ewig von ihm zu verabschieden sowie auch einige meiner dortigen Verwandten wieder zu sehen. Danach wurde dort im Ort Wama, für mich, für den nächsten Morgen um 07,00 Uhr ein Privatauto bestellt, der mich die 50 km nach Suceava ins Hotel und zu unserer Reisegruppe bringen sollte. Erst danach, als alle diese Aufgaben erledigt waren, hatten wir am Abend mit einem Teil meiner Verwandtschaft, die dort am Ort wohnen, unser Wiedersehen ausgiebig genossen. Auch unsere dortige Verwandtschaft - die Kinder und Enkelkinder meines Bruders – die sich zum Wiedersehen versammelt hatten, waren darüber sehr erfreut. Groß war die Freude des leider nur sehr kurzen Wiedersehens, aber auch traurig der allerletzte Abschied, weil wir alle wussten, dass wir uns nicht mehr Wiedersehen werden. Ich bin zu alt und gesundheitlich nicht mehr in der Lage, solche langen Reisen nach Rumänien zu unternehmen und die dortigen Verwandten haben nicht das nötige Geld für eine solche weite und teuere Reise nach Deutschland. So bin ich dort nur über Nacht geblieben und am nächsten Morgen mit einem Privatauto nach Suczawa zu unserer Reisegruppe nachgefahren, um mich wieder unserer Bukowina-Reisegruppe anzuschließen. Suczawa war unser erstes Reiseziel und auch die dritte Zwischen-Übernachtungsstation auf unserer Reisetour. Das „Arcasul Hotel Continental“ in Suczawa ist auch ein schönes und angenehmes Hotel, was auch den internationalen Gästen – für rumänische Verhältnisse – schon einiges zu bieten hatte. Am Freitag, dem 28. Juni 2002 war unser Aufenthaltstag in der rumänischen Südbukowina. An diesem Freitagmorgen wurde ich mit dem bestellten Privatauto aus Wama nach Suceava ins Hotel zu unserer Reisegruppe gebracht. Nach dem Frühstück hatten wir dort mit unserem Reisebus eine Stadtrundfahrt in Suczawa mit Stadtbesichtigung unternommen. Danach ging es weiter in Richtung Norden nach Radautz, mit dem Endziel Czernowitz in der ukrainischen Nordbukowina. Als wir die Stadt Radautz durchfuhren, ging ich gedanklich in das Jahr 1945 / 46 zurück, um hier ein kleines, aber doch bedeutendes Stück meines Lebensweges zu rekonstruieren. Ich schilderte schon bereits, wie wir von Deutschland über Arad im Oktober 1945 nach Radautz in die rumänische Südbukowina gekommen waren. Hier damals im Oktober 1945 in Radautz angekommen, musste sich jeder deutsche Rückkehrer seine Unterkunft selber suchen und am nächsten Tag sich dort bei der Gendarmerie anmelden. Bei der polizeilichen Anmeldung in Radautz wurden wir alle Personal erfasst, der vorläufige Ausweis von Arad eingezogen und wir erhielten alle Personen, ab dem 14. Lebensjahr, ein Stück beschriebenes Pergamentpapier, ohne Lichtbild, als formlosen Ausweis. Hier in Radautz auf der Gendarmerie hatte man uns erklärt, dass die Nordbukowina ein Territorium der Sowjetunion ist, die Grenze dazu gesperrt sei und wir dort nicht hin dürfen So lebten wir im Herbst 1945 dort in Radautz und mit uns viele Nordbukowiner, ohne zu erfahren, was da zu Hause in der Nordbukowina unter sowjetischer Herrschaft los ist. Wir wussten im Dezember 1945 auch nicht, nur etwa 50 km von Radautz entfernt, ob mein Vater dort in Czudyn noch wohnhaft und am Lebens ist bzw. wie es ihm dort geht. Erst als wir wieder in Deutschland waren, hatten wir um 1950 erfahren, dass mein Vater im Jahre 1945 – als wir in Radautz wohnten– in Czudyn alleine, in unserem Hause noch gelebt hatte und im März 1946 nach einem Schlaganfall gestorben ist. Eine rumänische Frau hatte meinen Vater beerdigt und danach unser Haus bezogen sowie die Wirtschaft mit Viehzeug an sich genommen. Mein ältester Bruder Adolf war ja im März 1944 mit seiner Familie in den Raum Arad, nach Nordwesten Rumäniens geflüchtet, hatte keine Verbindung zum Vater und konnte danach auch nicht mehr nach Czudyn zurück kehren. Als wir im Jahre 2002 mit unserem Reisebus in die Stadt Radautz hinein gefahren waren und dort auch noch etwas verweilt hatten, um die Stadt zu besichtigen, da war -nach 57 Jahren-, mein Gedächtnis reaktiviert worden und ich war mit meinen Gedanken im Jahre 1945 / 1946 damals in Radautz. Mein Schicksal im Jahre 1945 / 46 in Radautz / Rumänien Da in Radautz und Umgebung damals für uns Deutsche keine Arbeit zu finden war, lebten wir hier hoffnungslos und warteten von einem Tag auf den anderen auf eine uns unbekannte Lösung. Wir verkauften auf dem dortigen Basar nach und nach unsere persönlichen Sachen und ernährten uns von diesem Erlös. Auch die Miete und das Brennmaterial mussten davon bezahlt werden. Dadurch wurden unsere Sachen immer weniger, weil wir sie verkaufen mussten, um uns am Leben zu erhalten. Doch dann kam im Dezember 1945 für uns Deutsche in der rumänische Südbukowina die ungewollte Erlösung. Ab Mitte Dezember 1945 wurden in Radautz und Umgebung nach und nach alle Deutschen aus der Nordbukowina, durch die rumänische Polizei in den Morgenstunden aus ihren Wohnungen heraus inhaftiert und interniert. Die Südbukowina Deutschen, so auch meine Schwester, die einen Südbukowiner zum Mann hatte, war davon nicht betroffen. Meine Schwester kam erst 1950 mit ihrer Familie wieder zurück nach Deutschland. Nun wurden in Radautz jede Nacht einige unserer Frauen und Männer sowie Jugendliche ab 14 Jahren in ihren Quartieren von der rumänischen Gendarmerie verhaftet und unter Bewachung zum Gendarmerieposten gebracht, dort registriert, der bisherige so genannte Ausweis eingezogen und wir ins Internierungslager, ins ehemalige Deutsche Haus in Radautz gebracht. Das wiederholte sich fast jede Nacht. Jeden Vormittag trafen wir Deutschen uns in Radautz auf dem Markt und sonntags dort in der römisch-katholischen Kirche und tauschten die neuesten Informationen aus, wer in der letzten Nacht wieder verhaftet und interniert wurde. Da das Internierungslager für Deutsche von der Gendarmerie bewacht wurde, hatten wir in den ersten Tagen dorthin noch keine Verbindung zu den deutschen Internierten und aus diesem Internierungslager kamen auch keine Informationen heraus. So stellten wir uns jeden Tag die Frage: „Was soll das bedeuten?“ und „Was haben die mit uns vor? Was wollen die mit uns machen?“ oder auch „Wann werden wir selber dran sein?“ Denn wie diese Verhaftungen und Internierungen systematisch abliefen, war uns schon klar, dass wir alle ran kommen. Es war nur eine Frage der Zeit. Ein entrinnen war hier nicht möglich. Wohin? Wir hatten ja auch alle eine Familie hier und wo sollten wir hin flüchten? Also haben wir gespannt und geduldig gewartet bis auch wir zu dieser Verhaftung und Internierung dran waren. Das Prinzip der Verhaftung war uns unklar. Es ging weder nach dem Alphabet, noch nach Straßen und auch nicht nach Alter und Geschlecht. Daher konnten wir auch nicht ausmachen, wer der nächste sein könnte. deswegen musste jeder für sich auf sein eignes Schicksal warten. Am 27. Dezember 1945, einen Tag nach Weihnachten – in den frühen Morgenstunden – hatten zwei rumänische Polizisten mit langen Karabinern bewaffnet, mich zu Hause aus dem Bett geholt. Meine Mutter und ich waren dabei gar nicht überrascht, denn wir hatten ja schon lange Kenntnis von dieser Verhaftungsaktion und hatten ja auch schon darauf gewartet. Meine Mutter hatten sie nicht mitgenommen, vermutlich weil sie schon 59 Jahre alt bzw. auch krank war und damit einer zu Hause bei den Sachen bleibt. Die beiden Gendarmerieposten hatten mich zum Gendarmerieposten gebracht und dort übergeben, wo ich nicht der erste Deutsche war. Da konnte ich feststellen, dass schon mehrere meiner Freunde und Bekannten dort waren und auf ihre Abfertigung warteten. Wir hatten uns da weder traurig noch ängstlich verhalten. Hatten dabei als junge Burschen gelacht und uns über diese Aktion sowie über die Gendarmen mit den langen Karabinern 98 und auch ihren Uniformen lustig gemacht. Irgendwie waren wir schon abgestumpft und gleichgültig. Was sollte uns da schon als Habenichts und heimatlose Gesellen passieren? Wir waren auch auf alles gefasst. Nach der personellen Erfassung wurden wir alle zusammen unter polizeilicher Bewachung ins dortige ehemalige Deutsche Haus in Radautz gebracht und damit ins dort dazu eingerichtete Internierungslager eingewiesen. Jetzt war auch ich dort angekommen, wo andere bereits über eine Woche schon waren. Dieses ehemalige Deutsche Haus dort in der Kreisstadt Radautz war z. T. vermutlich durch Kriegseinwirkungen, leicht beschädigt. Einige Fenster und Türen waren bereits herausgerissen und alle Räume waren leer. Zu unserer besseren Sicherheit – damit so leicht keiner fliehen konnte – wurden wir in der oberen Etage, nach Geschlecht in leeren großen Räumen untergebracht. Weder Stuhl noch Tisch standen uns hier zur Verfügung, von Betten gar nicht zu sprechen. Geschlafen wurden auf dem blanken Fußboden und jeder hatte sich nachts mit seinen Bekleidungs-Gegenständen zugedeckt, die er an bzw. bei sich hatte. Am Tage konnte man stehen, da ja keine Sitzgelegenheiten vorhanden waren oder sich ebenfalls auf den Fußboden setzen. Die Zimmer hatten Kachelöfen und wurden durch uns mit Holz leicht geheizt, solange Holzmaterial vorhanden war. Zu Essen gab es einmal am Tage – vormittags – je Person 300 gr. Brot und so genannten „schwarzen Kaffee“ oder Leitungswasser. Nicht viel zum Leben, aber auch zuviel zum Verhungern. So hatten wir dort die Tage gesessen und uns spekulativ unterhalten, wie es mit uns weiter gehen wird. Neben dem dortigen unbequemen Leben, ohne Stuhl, Tisch und Bett und dem quälenden Hunger den wir Tag und Nacht hatten, war unsere größte Plage das Ungeziefer, Läuse und Flöhe, welche uns rund um die Uhr mit dem Kratzen beschäftigten. Ende Januar 1946 wurden dann alle noch in Freiheit lebenden Deutschen aus der Nordbukowina (die noch verbliebenen Frauen mit Kindern und alte Leute) durch die Gendarmerie aus ihren Quartieren geholt, zu einem am Bahnhof bereit gestellten Güterzug gebracht und dort in Güterwagen einwaggoniert. Nachdem all diese Personen im Güterzug untergebracht waren, wurden alle Insassen des deutschen Internierungslagers, aus dem ehemaligen „Deutschen Haus“ in Radautz, auch zu diesem Güterzug – unter Polizeiüberwachung – gebracht. Dieser Güterzug wurde nicht von der rumänischen Polizei bewacht, sondern von der rumänischen Armee. Somit bekam der Transport militärischen Charakter und die Bewachung war bedeutend strenger als bisher durch die dortige Polizei. Jetzt machten sich unsere Leute noch mehr Gedanken, wohin diese Reise wohl gehen wird. Die ganze Diskussion ging darauf hinaus, entweder geht es nach Hause in die Nordbukowina oder es geht ab nach Sibirien. In diesem Transportzug gab es keinerlei Verpflegung. Jeder hatte das gegessen, was er hatte. Nach längerem Bitten war die Wachmannschaft so gnädig und ließ einzelne Personen (jedoch keine Männer) zur Stadt gehen, um Lebensmittel einzukaufen, damit wir etwas zum Essen hatten. Anfang Februar 1946 war es sehr kalt und die Güterwagen waren nicht beheizt. Um nicht zu sehr zu frieren, hatten wir uns alle recht dick angezogen und sind in den Waggons eng zusammen gekrochen. So mussten wir dort im Februar, in den kalten Waggons (vom Kleinkind bis zum Greis) einige Tage verbringen, bis unser Güterzug eine Lokomotive bekam und die Reise losgehen konnte. Inzwischen kam ein alter Rumäne aus Czudyn, der zu dieser Zeit bei Radautz wohnte und meine Mutter bis 1940 von zu Hause aus Czudyn gut kannte. Dieser bekannte alte Rumäne erzählte meiner Mutter, aus angeblich sicherer Quelle, dass dieser Transport nach Sibirien geht. Meine Mutter sollte wenigstens ihren Sohn davor bewahren und mich ihm anvertrauen. So sollte ich mich –nach den Vorstellungen dieses bekannten Rumänen- heimlich vom Transport entfernen, also flüchten und mit ihm nach Hause gehen. Er wollte in Radautz in einer Seitenstraße mit seinem Fuhrwerk auf mich warten. Dann sollte ich zu ihm auf seinen Pferdewagen steigen, mich darauf verstecken und mit ihm für immer nach Hause fahren. Er wollte für mich Papiere besorgen und mich als seinen Sohn ausgeben, ich wäre dann gerettet und könnte bei ihm gut leben. Doch dieser Fluchtplan hat weder meiner Mutter noch mir gefallen. Trotzdem wir dazu sofort nein gesagt hatten, bat der Rumäne meine Mutter, es sich bis morgen noch zu überlegen. Er kommt Morgen wieder und erwartet Mutters überlegten Entschluss. Doch Mutter und ich blieben bei der Entscheidung mit dem Gedanken, wenn es auch nach Sibirien geht, dann fahren wir beide zusammen dort hin. Am nächsten Tage kam der besagte Rumäne noch einmal wieder und hatte mit seinem Bedauern unsere endgültige Entscheidung „nein“ zur Kenntnis nehmen müssen. Hätten wir diesem Fluchtplan zugestimmt, so wäre ich dadurch ein Rumäne geworden und hätte vielleicht Deutschland nie wieder gesehen. Wer weiß, was dabei aus mir geworden wäre. Erst nach einigen Tagen Aufenthalt – Anfang Februar 1946 – setzte sich unser Güterwagen-Transport in Bewegung. Jedoch nicht nach Norden (in Richtung Nordbukowina oder Sibirien) sondern in Richtung Westen und brachte uns nach Oradea, im nordwestlichen Teil Rumäniens. Hier kamen wir in eine alte ritterliche Burg, die als deutsches Internierungslager genutzt und durch rumänisches Militär streng bewacht wurde. Wie ich die einzelnen Transportreisen bereits geschildert habe, war auch diese Reise nach Oradea und danach auch die Reise nach Sighet ins sowjetische Internierungslager eine Fahrt ins Ungewisse. So machten wir gezwungenermaßen im August 1945 eine Reise nach Rumänien, danach eine Rundreise durch Rumänien und danach im Juni 1946 wieder nach Deutschland zurück. Es war eine Fahrt vom Abgangsort Leipzig mit vielen Hoffnungen, nervlichen und körperlichen Belastungen, wie Hunger, Ängste und großen Strapazen, bis wir nach 10 Monaten Wanderschaft in Riesa bei Leipzig - fasst dort wo wir 1945 abgefahren waren- wieder ankamen, von wo aus wir auf diese Reise geschickt wurden. Diese 10-monatige „Wanderschaft“ bedeutete für uns alle, Verlust von Gesundheit und vielen persönlichen Sachen, die wir bei der Kriegsflucht noch retten konnten, die wir hier bei der Abreise nach Rumänien noch hatten und mit der Zeit vieles dort verkaufen mussten, um uns am Leben zu erhalten. So manch älterer und kränklicher Mensch sowie einige kleine Kinder haben diese Reise nicht überstanden und sie leider auch mit dem Leben bezahlen müssen. Einige ihrer –die auf dieser Reise verstorben sind- wurden schnell am Bahndamm nur „verscharrt“, weil zu mehr, weder die Zeit noch die dazu notwendigen Dinge fehlten. Wir hatten nicht einen Spaten im Transport, um den Toten ein ordentliches Grab zu schaufeln. So wurden die auf dem Transport verstorbenen Personen durch ihre nächsten Angehörigen in ihrer Kleidung in die rumänische blanke Erde, zu ihrer letzten Ruhe gelegt und schon ging der Transportzug weiter. Auch die buchenlanddeutschen Männer, die bei der Einreise nach Rumänien im Oktober 1945 in Arad auf Verdacht als vermutliche SS- Angehörige inhaftiert wurden und nicht wieder zurück gekehrt sind, haben bei der Abreise aus Deutschland auch nicht damit gerechnet, dass dies ihre allerletzte Reise sein wird. So bewegen mich heute noch immer wieder vieler solcher traurigen Gedanken, wenn ich nur an die Orte meiner bewegten Vergangenheit denke oder diese Orte auf dieser meiner Reise im Juni 2002 durch Rumänien und die Bukowina passierte. So war es auch jetzt, im Jahre 2002, auf dieser meiner ehemaligen Erlebnisstation in Radautz. In dieser letzten Phase unserer Reise durch die Südbukowina besuchten wir auch das bekannte Kloster in Woronesch, südlich von Gura Humora und auch das Kloster des damaligen Fürsten der Moldau „Stefan des Großen“ in Putna westlich von Radautz, unmittelbar an der rumänisch-ukrainischen Grenze. Das Reisewetter war auch an diesem Tage für uns ausgezeichnet: Sonnenschein und Temperaturen um 28 Grad. Meine weitere Reise aus der rumänischen Südbukowina in die sowjetische Nordbukowina Von Radautz aus, in der Südbukowina, fuhren wir mit unserem Reisebus auf der Europastraße, die den Balkan zwischen Süden und Norden miteinander verbindet, danach in die rumänische Grenzstadt Sereth, um in die ukrainische Nordbukowina hinein zu fahren. Da dieser rumänisch-ukrainische Grenzübergang ganz im Osten und sehr abgelegen liegt, war dort ein nur schwacher Grenzverkehr. Reisebusse waren gar nicht zur Kontrolle angestanden und da wir nur der einzige Reisebus waren, hofften wir dort mit einer recht schnellen Abfertigung. Doch der dortige rumänische Zoll hatte es gar nicht so eilig und ließ sich dabei Zeit. Hier verlangte dieser rumänische Zoll von unserem Reisebus-Fahrer eine amtliche Wiegekarte, die dieser natürlich gar nicht hatte und solche Forderungen –von all seinen bisherigen Auslandsreisen her- gar nicht kannte. Er war ja mit seinem Reisebus doch im Personenverkehr und nicht im Güterverkehr. Erst nach langen Diskussionen und viel Überzeugungsarbeit, ließen diese rumänischen Zollangestellten ihre Forderung -nach einer amtlichen Wiegekarte- fallen und ließen uns danach passieren. Wir waren dabei der Auffassung, dass sie nur einen Vorwand gesucht hatten, um von uns etwas Schmiergelder zu erhalten und dadurch ihr mageres Monatsgehalt aufzubessern. Auf der ukrainischen Seite verlief die Grenz- und auch Zollkontrolle reibungslos und ohne Probleme. Danach konnten wir nach über 2 Stunden Warte- und Kontrollzeit diese rumänisch-ukrainische Grenze passieren und in Richtung Czernowitz weiterfahren. Um 18,00 Uhr waren wir dann in Czernowitz in unserem bekannten Hotel Tscheremosch eingetroffen und hatten uns dort für die nächsten 4 dortigen Aufenthaltstagen einquartiert. Nach dem reichhaltigen Abendessen, blieben wir noch einige Zeit im Hotel-Restaurant, bei lustiger Unterhaltungsmusik und reichhaltigen Getränken sitzen und führten rege Unterhaltungen unter den Reisegästen unserer Reisegruppe, über den bisherigen Verlauf unserer kleinen Balkanreise. Im Vergleich zu allen anderen Hotels unserer Zwischen-Übernachtungen –von Budapest über Satu Mare und Suceava bis Krakau, hatte Czernowitz mit Abstand für uns das schlechteste Hotel, in allen Fragen. Doch für die ukrainischen Czernowitzer Verhältnisse war das hier das größte und beste Hotel der Stadt und auch der gesamten südwestlichen Ukraine. Nun hatten wir durch diese Südbukowina- Rundfahrt, für den Aufenthalt in der Nordbukowina nur noch 4 Tage Zeit, um das alles zu sehen und zu besichtigen, was sich ja jeder für sich vorgenommen hatte und wollte. Doch für mich, der schon 3 Mal in der Nordbukowina war, hatten diese 4 Tage gut ausgereicht. Unser dortiges Tages-Programm sah für diese 4 Tage vor – für die, die ein Interesse daran hatten an 2 vollen Tagen zu Besuch nach Althütte zu fahren und 2 Tage in Czernowitz und Umgebung zu verbringen, dabei einer Stadtrundfahrt mit unserem Reisebus und Stadtbesichtigung sowie einen Tagesausflug in die nähere Umgebung von Czernowitz zu unternehmen. Die ehemaligen Czernowitzer Mitreisenden hatten alle 4 Tage für ihr Czernowitz, um selbständig ihre ehemalige Heimatstadt zu besichtigen. So war jeder unserer Mitreisender dabei gut auf seine Kosten gekommen. Ich persönlich hatte dabei vor, 2 volle Tage dazu zu benutzen, um jetzt im Jahre 2002, alles zum 4. Mal noch einmal zusehen und zu erleben, was ich ja bereits schon 3 Mal gesehen hatte. Dazu hatte ich mir, bereits zu Hause, noch ganz bestimmte Dinge vorgenommen, die ich jetzt ganz zielgerichtet erforschen wollte. Dabei standen auch die weitere Erforschung meines Vaters auf dem Programm, besonders die Umstände seines Ablebens sowie seiner Beisetzung. Dazu wollte ich den beinamputierten Mann aufsuchen, der bei meinem letzten Bukowinabesuch 1999 am Rande der Gesprächsgruppe der Frauen stand, dabei den Aussagen der Frauen mit dem Kopf geschüttelt hatte und als ich ihm danach sprechen wollte, mir entkommen und an diesem Tage nicht zu finden war. Da es dort entfernungsmäßig sowie auch zeitlich nicht möglich ist, alle diese mich interessierende Ortschaften zu Fuß abzulaufen, war ich da schon auf ein Auto angewiesen. Deswegen hatte ich mir dort für diese Tage ein Privatauto mit Kraftfahrer angemietet, der auch gleichzeitig mein Reisebegleiter und Dolmetscher war und mich dort rum gefahren hatte. Auch aus gesundheitlichen Gründen war ich, dort in der Sommerhitze, nicht in der Lage, alles für mich noch sehenswertes in Czudyn, Althütte, Neuhütte und Krasna zu Fuß abzulaufen. Daher hatte ich mir bereits in Vorbereitung auch dieser 4. Reise, von zu Hause –aus Deutschland aus- per Telefon, einen mir dort bereits bekannten Kraftfahrer für einige Tage bestell und danach lief dort alles wie bestellt und wie gewollt ab. Dieser mein Kraftfahrer hatte mich immer an der vereinbarten Stelle abgeholt, bzw. empfangen, fuhr mich dort ortskundig, nach meinen Wünschen den ganzen Tag umher und brachte mich dann gegen Abend, wieder zur Abfahrtsstelle unseres Reisebusses nach Althütte. Wenn ich länger zu tun hatte und deswegen unsere Reisebus-Abfahrtzeit in Althütte nicht einhalten konnte, dann fuhr mich mein Kraftfahrer auch bis nach Czernowitz ins dortige Hotel. So war ich bei allen meinen 4 Reisen, dort in der Nordbukowina mit meinen bestellten Kraftfahrern sowie Reisebegleitern immer sehr zufrieden und hatte dadurch auch alles –was ich wollte- leichter und auch schneller erreicht. Auch mein Kraftfahrer und Reisebegleiter hatte sich, über unsere dortigen vielen Fahrten und dadurch über seinen guten Nebenverdienst gefreut. Dadurch waren am Ende beide zufrieden und glücklich.
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