© DS Werbedesign 2020
Meine vierte und letzte Reise von 2002 in die Bukowina
Meine vierte und letzte Reise in die Bukowina
-verlief vom 25. Juni bis 04. Juli 2002 = 10 Tage- auf den Spuren meiner Vergangenheit,
durch Rumänien, danach durch die rumänische Südbukowina sowie auch durch die ukrainische Nordbukowina.
Bereits drei Mal -1996, 1997 und 1999- war ich in meiner ehemaligen alten Heimat, der Bukowina. Dort hatte ich meinen Geburtsort
mit seiner näheren Umgebung sowie mein Geburtsland besucht und besichtigt. Nach meiner dritten Reise im Jahr 1999 war ich der
Auffassung, dass es wegen meiner bereits angeschlagenen Gesundheit leider die letzte Bukowinareise war.
Doch als ich im Februar 2002 ein Reiseangebot des Reiseunternehmens Herbert Pohl aus Sittichenbach in Sachsen-Anhalt, mit einer
für mich sehr interessanten Reiseroute erhielt, da hatte ich mich doch noch einmal aufgerafft und entschlossen, auch noch ein viertes
Mal in die Bukowina zu fahren.
Hier fuhren wir wieder mit dem Reisebus des Reiseunternehmens Herbert Pohl aus
Sittichenbach / Oberhausen bei Eisleben und Halle in Sachsen-Anhalt,
durch Bayern – Österreich – Ungarn und Rumänien, in die rumänische Südbukowina hinein
und hielten hier unterwegs bei einer Rastpause.
Da diese Reiseroute nicht nur die Bukowina sondern auch andere Gebiete Rumäniens vorsah, die 1945 und 1946 Schicksalsstationen
meines Lebens waren, war ich sofort emotional davon ergriffen und schon mit meinen Gedanken auf den Spuren meiner
Vergangenheit. Da mein gegenwärtiger Gesundheitszustand es auch zuließ, war ich sofort dazu entschlossen, diese bestimmt letzte
Reise in meine Vergangenheit, zu unternehmen.
Da diese Reise nicht so chronologisch verlaufen ist, wie mein Leben und meine Vergangenheit, sondern zeitlich und auch territorial
entgegengesetzt verlief, möchte ich zum besseren Verständnis im Zeitrafferprinzip, hier einige Stationen meines Lebens zunächst im
Voraus schildern. Im Jahre 1930 wurde ich in Czudyn, Kreis Storozynetz in Bukowina geboren. Mein Vater war Holzfäller und meine
Mutter Kleinbäuerin. Wir waren zu Hause 4 Kinder. Bereits seit Mitte der dreißiger Jahre lebten meine Eltern getrennt.
Mein ältester Bruder Adolf heiratete eine rumänische Frau und trat dadurch zum griechisch-orthodoxen Glauben seiner Frau über.
Im Oktober 1940 siedelte meine Mutter mit uns drei Kindern (Rudolf, Elisabeth und Willi) nach Deutschland um.
Mein Vater sowie mein ältester Bruder Adolf verblieben mit seiner rumänischen Familie dort in der Bukowina.
Als wir im Oktober 1940 in Oberschlesien im Umsiedlungslager waren, wurde mein zweitältester Bruder Rudolf zur Wehrmacht
gemustert und dann nach zwei Wochen Lageraufenthalt auch einberufen. Er war gegangen und auch nie wieder gekommen, da er
nach seiner Grundausbildung sofort zum Kriegseinsatz nach Holland, Frankreich, Jugoslawien und danach an die Ostfront kam. Er
hatte als lediger Bursche, in dieser ganzen Zeit nicht einmal einen Heimaturlaub erhalten. Im Dezember 1941 ist dann mein Bruder
Rudolf vor Moskau gefallen. Wir (meine Mutter, mit nur noch zwei Kindern, Elisabeth und Willi), wurden inzwischen auf einer
polnischen Bauernwirtschaft in Oberschlesien angesiedelt. Im Januar 1945 waren wir aus Oberschlesien, auf Grund der heran
nahenden Ostfront nach Sachsen, ins Erzgebirge geflüchtet und hatten auch dort das Kriegsende im Mai 1945 erlebt.
Nach dem Ende des Krieges wurden im Juni 1945 alle dortigen Flüchtlinge, vom sowjetischen Kreis-Kommandanten aus
Schwarzenberg im Erzgebirge aufgefordert, dieses Gebiet zu verlassen und dort hinzu gehen, wo wir am 1. September 1939 gewohnt
hatten. Für uns Buchenlanddeutsche Flüchtlinge bedeutete diese Aufforderung, zurück in unsere ehemalige alte Heimat die
sowjetisch besetzte Nordbukowina. Diese Aufforderung war auch mit der Drohung verbunden, im Erzgebirge als Flüchtlinge keine
Lebensmittelkarten mehr zu erhalten bzw. auch mit Gewalt von hier vertrieben zu werden.
Meine Mutter war dadurch, wie auch viele andere Buchenlanddeutsche, die sich ebenfalls als Flüchtlinge dort aufgehalten hatten,
eingeschüchtert und dadurch auch bereit dieser Aufforderung nachzukommen. So fuhren wir als Buchenlanddeutsche –nach dieser
Aufforderung und dem Hinweis des dortigen sowjetischen Kreis-Kommandanten, im Juli 1945 nach Leipzig in ein dortiges
Sammellager zur Rückführung nach Rumänien.
Nach etwa 4 Wochen Lageraufenthalt im dortigen rumänischen Lager in Leipzig, ging es im August 1945 per Bahntransport ab nach
Rumänien. Unser Güterwagentransport, war mit etwa 2000 Personen aus Leipzig abgefahren. Er stand unter sowjetischer
Militärbewachung und soll schon der zweite Rückführungs-Transport aus der sowjetisch besetzten Zone nach Rumänien gewesen sein.
Da diese Rückführungen aus der sowjetisch besetzten Zone nach Rumänien danach eingestellt wurden, soll es einen dritten
Rückführungs-Transport nach Rumänien nicht mehr gegeben haben.
Ende Oktober 1945 waren wir dann –mit diesem Rückführungs-Transport in Arad / Rumänien angekommen, hatten dort auf einem
Abstellgleis den Zug verlassen und uns dort im Freien aufgehalten. Der sowjetische Transport-Kommandant hatte uns deutsche
Rückkehrer dort an die rumänischen Behörden übergeben und danach hatten die Rumänen über unser weiteres Schicksal zu
entscheiden. Nach der rumänischen polizeilichen Registrierung aller deutschen Rückkehrer in Arad fuhren wir, auf eigene Kosten –
meine Mutter und ich - nach Radautz in die rumänische Südbukowina, wo wir dort wohnhaft wurden. Ende Dezember 1945 kam ich
–wie auch alle anderen dortigen Deutschen- ins dortige deutsche Internierungslager in Radautz und wurden Anfang Februar 1946
nach Oradea in eine Festungsburg –die ebenfalls als deutsches Internierungslager genutzt wurde- verlegt.
Ende März oder Anfang April 1946 wurden alle deutschen Internierten dieses Lagers von Oradea nach Sighet im Gebiet von
Maramuresch / im Nordwesten Rumäniens gebracht und dort dem sowjetischen Militär übergeben.
Nach einigen Monaten sowjetischer Internierung in Sighet, wurden wir dann im Juni 1946 durch die Sowjetarmee wieder nach
Deutschland zurück gebracht und hier in Riesa bei Leipzig den deutschen Behörden übergeben.
Damit war unsere –von August 1945 bis Juni 1946- ungewollte aber genötigte „Rumänienreise“ zu Ende.
Mein Schicksalsweg im Jahre 1945/1946 in Rumänien
Da die Reiseroute dieses Reiseangebotes des Reiseunternehmens Herbert Pohl aus Sittichenbach in Sachsen Anhalt, im Juni 2002
durch Rumänien sowie der rumänischen Südbukowina und auch der ukrainischen Nordbukowina führte, durchquerte es mehrere
Orte und Gegenden der Stationen des Schicksals meines Lebens von 1945 und 1946, jedoch 2002 in umgekehrter Reisenfolge.
Durch diese meine jetzige vierte Reise – im Juni 2002- in die Bukowina, wurden in meinem Gedächtnis und meinen Empfindungen all
die Stationen meines Lebens wieder wach, die ich einst vor 57 Jahren, als 15-jähriger Junge, erlebt hatte und überstehen musste.
Erst auf dieser vierten Reise in die Bukowina wurde ich deshalb so emotional ergriffen, weil unser Reisebus zum ersten Mal diese
Stationen – Budapest, Oradea, Sighet, Suczawa und Radautz – durchfahren hatte. Bisher kamen wir immer wieder –auf der Fahrtroute-
von Norden nach Czernowitz und weiter südlich nur in die ukrainische Nordbukowina hinein.
In diesem Jahr -2002- verlief die Reiseroute entgegen gesetzt, von Süden nach Norden, durch Rumänien, danach durch die rumänische
Südbukowina und weiter in die ukrainische Nordbukowina hinein.
Unsere Reise aus Deutschland über Österreich und Ungarn nach Rumänien
Am Montag, dem 24. Juni 2002 war ich mittags, alleine mit meinem Auto von Neubrandenburg zum Abfahrtort nach Sittichenbach bei
Eisleben / Halle in Sachsen-Anhalt gefahren und war dort gegen 19,00 Uhr angekommen.
Hier bei diesem Reiseunternehmen hatte ich die Möglichkeit, auf dem dortigen Betriebsgelände mein Auto für diese Zeit sicher und
kostenlos abzustellen. Da die Abreise noch an diesem späten Abend erfolgt ist, benötigte ich dieses Mal hier auch keine
Übernachtung. Der für diese Bukowinareise eingesetzte Reisebus „Mercedes“ war dieses Mal gar nicht ausgelastet.
Von den 46 Sitzplätzen waren nur 26 mit Reisegästen belegt. Die hintersten Sitzreihen wurden zum Teil als Ablageplätze für unsere
Koffer benutzt. Da mehrere zweier Sitze nur mit einem Reisegast belegt waren –wie es auch bei mir der Fall war- hatten wir alle mehr
Sitzfreiheiten, waren nicht so eingeengt und dadurch war diese lange Reise auch etwas bequemer.
Auch die unteren Gepäck-Stauräume waren nicht ganz ausgelastet. Hätte ich das vorher gewusst, dann hätte ich noch ein bis zwei
Koffer mehr, mit Geschenkartikel nach Rumänien, mitnehmen können. Unser Reiseveranstalter hatte vorher schon die Absicht, diese
Reise –wegen Mangel an Beteiligung- abzusagen. Doch da er seine bereits angemeldeten Reisegäste nicht enttäuschen wollte, fuhr er
dann doch noch, nur mit dieser gut halben, ja minimalen Beteiligung, was ihm wohl kaum einen finanziellen Gewinn eingebracht
hatte.
Am Montag, dem 24. Juni 2002, um 22.00 Uhr war dann die Abfahrt.
Mit dem Reisebus ging es dann ab Sittichenbach über Querfurt nach Süden zur Autobahn – dann Hermsdorfer Kreuz – Regensburg –
Passau – Wien – und Budapest. Es war eine durchgehende Nachtfahrt.
Am Dienstag, dem 25. Juni 2002 war unser 1. Anreisetag.
An diesem Dienstag passierten wir um 09,30 Uhr die österreichisch-ungarische Grenze.
Auf österreichischer Seite gab es gar keine Kontrolle und auf der ungarischen Seite nur eine zügige Passkontrolle im Reisebus und
schon ging die Reise weiter. Das Reisewetter war ausgezeichnet, Sonnenschein und eine Temperatur von 24 Grad.
Um 14,30 Uhr erreichten wir Budapest, bei herrlichem Sonnenschein und einer Temperatur von 28 Grad. Hier in Budapest hatten wir
unsere erste Zwischenübernachtung im schönen Hotel „Wien“. Nach unserer Unterbringung in diesem Hotel, folgte dann noch an
diesem Nachmittag für drei Stunden eine Stadtrundfahrt durch Budapest, mit örtlicher Reisebegleitung und bei Erläuterungen der
Sehenswürdigkeiten der ungarischen Metropole. Wer danach noch Lust hatte, der konnte nach dem Abendessen, Budapest bei Nacht
auch noch sehen und miterleben.
Am Mittwoch, dem 26. Juni 2002, war unser 2. Anreisetag.
Am Mittwoch früh ging es dann nach dem Frühstück um 08,00 Uhr ab Budapest wieder weiter, über Solnok in Richtung ungarisch-
rumänische Grenze, die wir um 12,30 Uhr in Bors bei Oradea erreicht hatten. Das Reisewetter war da, auch an diesem Tage sehr gut,
Sonnenschein und 26 Grad. Die Straßen waren dort in Ungarn in einem sehr guten Zustand, kreuzungsfrei durch Kreuzungs-
Überführungen oder durch einem Kreisverkehr gestaltet. Die Passkontrollen an der ungarisch-rumänischen Grenze wurden auf der
ungarischen sowie auch auf der rumänischen Seite im Reisebus durchgeführt, danach die Reisepässe zur Fahndungskontrolle
eingesammelt und danach wieder an den Reiseleiter geschlossen ausgegeben. Nach insgesamt etwa 2 ½ Stunden Warte- und
Kontrollzeit konnten wir gegen 15,00 Uhr diese ungarisch-rumänische Grenze in Bors passieren und in die Stadt Oradea nach
Rumänien hinein fahren.
Unsere jetzige Bukowinareise im Juni 2002 führte uns hier, bei herrlichem Reisewetter und Sonnenschein, auf der Europastraße von
Budapest nach Rumänien bis nach Oradea. Wenn ich Ende Juni 2002 mit einem bequemen Reisebus, gut versorgt mit genügend Geld
in der Tasche hier nach Rumänien eingereist war, so musste ich traurig und schauderhaft an diese Zeit zurück denken, wo ich einst im
August 1945 aus Leipzig´, die Reise der Rückführung nach Rumänien unternehmen musste und danach im Oktober 1945 in Rumänien
-in der rumänischen Grenzstadt Arad- angekommen waren.
Wir als deutsche Umsiedler von 1940 waren nach Kriegsende 1945 heimatlos und hier in Rumänien als rechtlose deutsche Ausländer.
Als heimatlose Flüchtlinge, (den in unser polnisches Ansiedlungsgebiet konnten wir ja nicht mehr zurück), wurden wir im Juni 1945 im
Erzgebirge, durch den damaligen sowjetischen Kreis- Kommandanten von Schwarzenberg aufgefordert und genötigt, das Erzgebirge
zu verlassen und uns ins rumänische Sammel-Rückführungs-Lager nach Leipzig zu begeben.
Wir sollten danach dort hinzufahren, wo wir am 1. September 1939 gewohnt hatten.
Dieses jetzige rumänische Rückführungs-Sammel-Lager in Leipzig war im Kriege ein Barackenlager für ausländische Arbeiter und
befand sich 1945 in einem sehr schlechten und auch unsauberen Zustand. Das Essen war dort sehr mager und dürftig, aber dafür
sehr viel Ungeziefer in allen Rassen und Größen. Besonders viele Wanzen waren dort vorhanden.
Nachdem im August 1945 dort im Rückführungslager Leipzig genügend Reisende für diesen Transport zusammen waren, ging unser
Transport ab nach Rumänien. Es war ein überlanger Güterwagenzug, gut beladen und voll gestopft mit etwa 2000 Personen.
Die Güterwagen waren in zwei Etagen unterteilt, um darin viele Menschen unter zu bringen. Dieser Güterwagentransport musste
streckenweise, weil er so lang und so schwer war, besonders in der damaligen Tschechoslowakei, von zwei Lokomotiven gezogen
werden. In unserem Rückführungs-Transport waren überwiegend Frauen mit Kinder und ältere Leute, nur vereinzelt junge Männer,
die durch bestimmte Umstände nicht in Kriegsgefangenschaft geraten oder von dort aus auch bereits entlassen waren.
Doch unser Rückführungs-Transport fuhr –bei seiner Anfahrt- aus Leipzig nicht nach Süden in Richtung Rumänien sondern nach
Nordosten in Richtung Frankfurt an der Oder. Er sollte über Polen in die Bukowina, angeblich auch in die Südbukowina fahren, was
damals vielen unseren Menschen als unwahrscheinlich erschien.
Unser Transport wurde von sowjetischen Soldaten bewacht, die in einer Stärke von ca. 30 Mann im ersten vorderen Wagen
untergebracht waren. Der zweite Wagen war der Verpflegungswagen, der für diese Reise und den 2000 Personen einige Fleisch- und
Wurstkonserven, die Beuteware der ehemaligen deutschen Wehrmacht waren sowie etwas frisches Brot geladen hatte.
Diese Menge an Verpflegung war für diese Menschen und der langen Reise viel zu wenig und war wie nur „ein Tropfen auf dem heißen
Stein!“. Unser Transport, mit etwa 2000 Personen, hätte diese Verpflegung fast zu einer guten Mahlzeit auf einmal verspeisen können,
doch mehr war da nicht vorhanden. Auf dem Transport gab es in den ersten Tagen – solange es gereicht hatte – je Waggon etwas Brot
und einige Konserven mit Fleisch, Wurst und Schweineschmalz. Doch nachdem viele kleinere Kinder und auch ältere Leute von dieser
Büchsenverpflegung – altes fettes Fleisch und Schweineschmalz – Durchfall bekamen, hatten es viele auch nicht mehr essen wollen.
So waren wir zunächst bis Frankfurt an der Oder gefahren.
Da unsere Lokomotive samt Güterwagen in Frankfurt/Oder für einen Militärtransport der Roten Armee benötigt wurde, mussten wir
diesen Zug räumen und danach bei schlechtem Regenwetter in der Nähe der Stadt Frankfurt/Oder auf einer großen freien Fläche,
(einer Wiese) unter freiem Himmel verbringen. Jeder musste seine Koffer und Bündel vom Bahnhof zu dieser Wiese selber
transportieren. Die allein stehenden Frauen mit kleinen Kindern waren dabei besonders zu bedauern. Sie hatten ihre Kinder und auch
das Gepäck zu transportieren. Dabei musste auch noch jeder auf sein Gepäck aufpassen, dass nichts verloren geht oder sogar
gestohlen wurde. Eine Versorgung gab es auf dieser Wiese, unter diesem freien „Himmelszelt“ nicht. Jeder musste zusehen, wie er da
klar kam und mit was er sich versorgte. Es half einer dem anderen und die Verwandtschaft besonders unter sich, um zu überleben.
Erst nach einigen Tagen hatte dann unser Transport-Kommandant, ein Offizier der Roten Armee, eine Lokomotive und die
notwendigen Waggons erhalten und unsere Reise konnte weitergehen. Da diese Waggons auch in zwei Etagen unterteilt waren, sahen
sie aus, wie unser vorheriger Transportzug, der es vermutlich auch war.
Der Transportzug wurde auf dem Güterbahnhof in Frankfurt für uns bereitgestellt.
Wir mussten wieder alle unsere Sachen, auf dem Rücken (etwa 2 bis 3 km) von dieser Wiese zum Güterbahnhof, zu unserem Zug
tragen und dort verladen. Es war da schon eine Aufregung, ein Zurufen, ein Geschrei, ein Kinderweinen und ein Durcheinander.
Die Verwandten und Bekannten wollten in einem Waggon, möglichst wie bisher, wieder zusammen bleiben und es sollte auch
niemand in der Masse und dem Gewühle verloren gehen.
Als der Zug sich in Bewegung setzte, fuhr er nicht nach Osten, wie vorgesehen nach Polen hinein, sondern wieder zurück in Richtung
Süden, über Dresden, Prag und Budapest nach Rumänien.
Da staunten unsere Leute und die spekulativen Diskussionen flammten wieder auf, „warum jetzt diese Fahrstrecke?“ und „wo geht es
denn jetzt mit uns hin?“ Der sowjetische Transport-Kommandant ließ für jeden Wagen einen Wagenältesten festlegen und diese mit
ihren Aufgaben betrauen. Das sowjetische militärische Zugbegleit-Kommando hatte die Aufgabe, den Transport von außen vor
jeglichen Übergriffen zu schützen. Ich glaube, die Soldaten hatten Mitleid mit uns, besonders mit den vielen kleinen Kindern.
Noch auf deutschem Boden, vor Einfahrt in die Tschechoslowakei erhielten die Waggonältesten vom sowjetischen Transport-
Kommandanten die Anweisung, darauf zu achten, das bei der gesamten Durchfahrt durch die Tschechoslowakei die Wagentüren
geschlossen bleiben, nicht deutsch gesprochen wird und das kein deutsches Wort nach außen dringt. Außerhalb der Waggons sollte
nur rumänisch gesprochen werden. Dadurch sollte der Tscheche im Glauben gehalten werden, dass es sich hierbei um einen
rumänischen Rückführungs-Transport handelte. Der Transport-Kommandant wollte keine tschechische Übergriffe auf den Transport
und auch keinen Ärger mit den Tschechen bekommen. Das sollte durch diese unsere Verhaltensweise verhindert werden.
Aus lauter Angst vor tschechischen Übergriffen wurde diese Verhaltensweise durch unsere Leute auch absolut streng –zur eigenen
Sicherheit- eingehalten. An solche mögliche tschechische Übergriffe auf unseren Transport hatten unsere Leute zuerst gar nicht
gedacht. Doch der sowjetische Offizier wusste besser Bescheid über die Wut der Tschechen gegenüber den Deutschen und hatte da
klug vorgesorgt. So hatten wir uns –bei der Durchfahrt durch die Tschechoslowakei- alle ruhig verhalten und es lief alles gut und ohne
Zwischenfälle ab. Die Erwachsenen blieben auch auf den Bahnhöfen in den Waggons bei geschlossenen Türen, hatten auch alle den
deutschen Mund gehalten und die kleinen Kinder wurden im inneren der Waggons durch die Großen abgeschirmt.
So fuhr unser Transportzug Tag und Nacht zügig, zum Teil mit zwei Lokomotiven durch die Tschechoslowakei bis nach Ungarn hinein,
als wenn auch der Tscheche uns schnell loswerden wollte. Dabei gab es keine Vorkommnisse sowie auch keinen Ärger mit den
Tschechen und unser Transport-Kommandant war damit zufrieden.
Viele unserer Leute waren damals auf dem Transport der Auffassung, dass es dem sowjetischen Transport-Kommandanten zu
verdanken war, dass durch seine taktischen Verhaltensanweisungen an uns, bei der Durchfahrt durch die Tschechoslowakei, es keine
tschechischen Übergriffe oder gar Überfälle auf unseren Transport gab. Scheinbar kannte unser Transport-Kommandant schon das
damalige Verhalten der Tschechen gegenüber den Deutschen und hatte hier klug gehandelt und so auch in unserem Interesse
vorgebeugt. In Ungarn gab es solche Übergriffe auf die Deutschen nicht. Hier in Ungarn hatten wir mehr Wartezeiten als Fahrtzeiten.
Hier wurde unser Zug mehrmals auf Abstellgleise abgestellt, die Lokomotive zu militärischen Einsätzen entführt und dort hatten wir
oft einige Ruhetage am Rande des jeweiligen Güter-Bahnhofs.
Doch hier in Ungarn ging es uns verpflegungsmäßig schon besser. Straßenhändler kamen mit Lebensmittel und Obst an unseren
Transportzug heran und versuchten ihre Waren günstig zu verkaufen. Das Angebot an Lebensmitteln und Obst war da in Ungarn sehr
groß. Unsere Leute waren davon sehr überrascht, über dieses große Angebot. Denn so etwas kannten wir ja gar nicht in diesen Zeiten
aus Deutschland.
Diese ungarischen Verkäufer nahmen damals noch unsere deutsche Reichsmark in Zahlung an sowie auch unsere
Bekleidungsgegenstände wurden dabei verkauft und verrechnet. Der Rest wurde in Pengö (damalige ungarische Währung) verrechnet
sowie zurückgezahlt und dadurch kamen wir auch noch zu ungarischem Geld. Unsere damalige Reichsmark ging auch noch in
Rumänien – auch wenn sie immer billiger wurde, unter den jüdischen Händlern, bis Frühjahr 1946.
So hatten wir hier bei der Durchreise in Ungarn nach Rumänien schon etwas mehr und besseres zu Essen.
Dadurch waren unsere Leute etwas optimistischer gestimmt und in der Hoffnung, dass wir besseren Zeiten entgegen gehen. Doch das
Gegenteil trat ein. Nach zwei Monaten Reisezeit in diesem Transportzug, kamen wir im Oktober 1945 in der rumänischen
Grenzstadt Arad an, wo unser sowjetische Transport-Kommandant uns alle an die dortigen rumänischen Behörden übergeben hatte.
Doch trotz des schönen Wetters hatte ich hier bei dieser Einreise nach Rumänien im Jahre 2002, trübe und traurige Gedanken der
Erinnerungen meines Lebensweges vom Oktober 1945 bei der Ankunft unseres Transportes in Rumänien sowie meines Aufenthaltes
im Internierungslager für Deutsche in dieser rumänischen Grenzstadt Oradea im Frühjahr 1946.
So führte mich mein erster Gedanke beim Überschreiten der ungarisch-rumänischen Grenze zurück in den Oktober des Jahres 1945,
wo wir in Rumänien ankamen und wie wir da und auch danach, als Deutsche in Rumänien behandelt wurden. Ende Oktober 1945 traf
unser Rückführungs-Transportzug aus Deutschland über Ungarn in der rumänischen Grenzstadt in Arad ein. Hier wurden wir auf dem
Güterbahnhof, an einem Seitengleis abgesetzt und dort durch den sowjetischen Transport-Kommandanten den rumänischen
Behörden übergeben.
Alle erwachsenen Personen unseres Transportes mussten sich dort in Arad bei der örtlichen rumänischen Polizei melden.
Hier in Arad wurden, von unseren eingereisten Leuten, durch die dortige örtliche Polizei, alle Personalien erfasst und jeder erhielt ein
kleines Schriftstück, als vorläufigen Ausweis für die Weiterreise ausgehändigt.
Die wenigen Männer, die wir im Transport hatten, wurden dort extra unter dem linken Arm auf das Blutgruppenzeichen überprüft und
wer es hatte – das war bei den meisten der Fall – der wurde als angeblicher ehemaliger SS-Angehöriger dort sofort inhaftiert und
einbehalten. Ihre Frauen und Kinder mussten leider ohne ihren Vater alleine weiter fahren.
Alle Versuche einiger unserer Leute, der dortigen rumänischen Behörde klar zu machen, dass nicht jeder Träger solcher
Blutgruppenzeichen auch bei der SS war, blieben ohne Erfolg. Unsere Leute versuchten es den rumänischen Behörden zu erläutern,
doch die ließen sich nicht auf diese Argumente ein sondern sahen es als ihren Arbeitserfolg an, ehemalige „SS-Männer“ entdeckt zu
haben. Tatsache ist jedoch, dass alle Umsiedler die in den Jahren 1939 / 1940 aus anderen Ländern in das Deutsche Reich umgesiedelt
wurden, bei der ärztlichen Untersuchung zur Einbürgerung im Jahre 1940/1941, ob männlich oder weiblich, unter den linken Oberarm
ihr persönliches Blutgruppenzeichen eintätowiert bekamen. Laut Anweisung sollte es erst am dem 14. Lebensjahr gemacht werden,
doch einige übereifrige Einbürgerungskommissionen - Fliegende Kommissionen damals genannt – hatten es auch bei Kindern bereits
ab dem 10. Lebensjahr durchgeführt.
Diese Tatsache ist so manchen Umsiedler nicht nur hier, sondern auch anderweitig zum Verhängnis geworden. Der eine und andere
musste es auch mit seinem Leben bezahlen. Nach dieser rumänischen polizeilichen Erfassung und Überprüfung in Arad waren wir alle
„vogelfrei“. Jeder konnte hinfahren, wohin er wollte. Weder nach dem Reiseziel, noch nach dem vorhandenen Reisegeld hatten da die
rumänischen Behörden gefragt. Das war jedem seine Sache. Schon wieder mussten wir einige unserer Sachen verkauften, um das
notwendige Geld für die Fahrkarten zur Weiterfahrt mit den rumänischen Personenzügen zu haben.
Nach dieser polizeilichen Abfertigung hatten sich kleinere Gruppen gebildet, die dann nach und nach mit Personenzügen auf Reise
gingen. Die meisten unserer Leute fuhren über Bukarest in die Bukowina, nach Radautz, Suczawa und auch in andere Gegenden bzw.
Städten. Meine Mutter und ich fuhren damals nach Radautz, in die rumänische Südbukowina. Meine Schwester, die damals bereits
verheiratet war, ging mit ihrem Ehemann und seiner Familie – die Südbukowiner waren – in ein Dorf nach Glitt, Kreis Radautz, wo sie
dort sesshaft wurden. Die Schwiegereltern meiner Schwester hatten bis zur Umsiedlung 1940 in Lichtenberg Kreis Radautz einen
Bauernhof, der bei ihrer Rückkehr durch einen Rumänen besetzt war. Jetzt nach ihrer Rückkehr durften sie weder in ihr ehemaliges
Haus einziehen, noch im selben Dorf Quartier beziehen. Deshalb zogen sie ein Dorf weiter nach Glitt und quartierten sich dort ein, wo
sie bis 1950 wohnhaft waren und erst dann als Spätaussiedler nach Deutschland kamen.
Mein zweiter Gedanke führte mich -jetzt im Jahre 2002 bei der Einfahrt in Rumänien und der Durchfahrt durch die Grenzstadt Oradea-
an das Frühjahr 1946, wo ich als 15-jähriger Junge im Internierungslager für Deutsche eingesessen hatte.
Als wir diese Stadt Oradea durchfuhren, da wurden bei mir die schlechtesten Erinnerungen meiner Jugendzeit wach und mich hatte
wieder die Vergangenheit eingeholt. Am 27. Dezember 1945 wurde ich –als damals 15-jähriger deutscher Junge- in der Stadt Radautz
(wo wir damals gewohnt hatten), wie auch alle anderen dortigen Deutschen, durch die Gendarmerie verhaftet und im dortigen
„Deutschen Haus“ mit vielen Deutschen interniert, wo wir alle bis Anfang Februar 1946 festgehalten wurden.
Anfang Februar 1946 brachte man uns deutsche Internierte aus Radautz in der Südbukowina nach Oradea im Nordwesten
Rumäniens, in eine alte ritterliche Burg, die als deutsches Internierungslager genutzt und durch rumänisches Militär streng bewacht
wurde. Hier wurden wir Familienweise in große kalte Räume untergebracht.
Die Verpflegung war hier sehr schlecht, morgens eine Schnitte Brot mit schwarzem Kaffee, mittags ein Stück klebrige kalte Mamaliga
(aus Maismehl gekocht) und zum Abend eine dünne Wassersuppe. Das Essen wurde hier Stubenweise aus der Küche geholt und bis es
in der Unterkunft verteilt wurde, da war es immer fast kalt. Die männlichen Personen ab 14 Jahren waren hier zur Arbeit verpflichtet.
Jeden Morgen war dazu auf dem Hof antreten und die Arbeitseinteilung wurde vorgenommen.
Es gab hier im deutschen Internierungslager in Oradea vier Arbeitsbereiche, wohin wir jeden Morgen dazu neu eingeteilt wurden:
- die Elektrikerabteilung,
- die Korbmacherabteilung,
- ein Außenarbeitskommando (bestehend aus einer kleinen Gruppe, die täglich bei der
sowjetischen Kommandantur arbeiten musste) und
- ein Innenarbeitskommando (bestehend aus einer kleinen Gruppe), die im Internierungslager zu
verschiedenen Arbeiten eingesetzt wurde.
Zu Beginn unseres dortigen Aufenthaltes wurden wir zahlenmäßig in diese vier Arbeitsgruppen eingeteilt und in den weiteren Tagen
stellte sich dann jeder von uns, bei den Arbeitseinteilungen dort hin, wozu er am ersten Tage eingeteilt wurde und danach auch dort
hin gehörte. In den ersten Tagen war ich in der Elektrikerabteilung tätig. Unter Bewachung wurden wir im kalten Februar 1946 zu Fuß
außerhalb der Stadt gebracht und mussten dort in dem fest und auch tief gefrorenen Boden, mit Spaten und Pikhacke Löcher
ausheben, für das Setzen von Elektroleitungsmasten aus Holz. Diese Arbeit war hart und schwer, so dass uns trotz eisiger Kälte dabei
warm wurde. Da für jedes Loch etwa 4-5 Mann eingesetzt wurden, waren wir auf einem freien Feld so auseinander gezogen, dass die
wenigen Posten uns oft nur aus der Ferne bewachen konnten. Nach einigen Tagen waren diese Löcher zugeschneit und zum
Mastensetzen kam es in unserer Zeit nicht mehr. Bereits nach einigen Tagen wurde ich dieser Elektroabteilung untreu und suchte mir,
durch einige meiner bekannten Jugendlichen, eine leichtere Arbeit.
Eines Morgens stellte ich mich bei der Arbeitseinteilung nicht mehr in der Elektroabteilung an, sondern einfach bei meinen bekannten
Jugendlichen, bei der Korbmacherabteilung hin, was auch klappte und wo ich dann auch einige Zeit blieb. Hier gab es gelernte sowie
auch angelernte Korbmacher und auch Hilfskräfte, die aus Weidenruten verschiedene Körbe in verschiedenen Größen geflochten und
neu hergestellt hatten. Wir ungelernte Jugendliche waren die Hilfskräfte für diese Korbflechter und hatten für diese Korbflechter
überwiegend Hilfsarbeiten zu leisten.
Dabei sollten die Korbflechter uns auch das Korbflechten beibringen und uns anlernen, doch dafür war es meist keine Zeit.
Die Mehrheit dieser Korbhilfsarbeiter musste fast täglich mit einem Maultiergespann bei Oradea in die Wiesen gehen und bei einer
Februarkälte Weidenruten schneiden und sie ins Internierungslager, in die Korbflechterei bringen.
Auch hier wurden wir von rumänischen Soldaten bewacht, so gut es ging, weil wir in diesem Weidengestrüpp auch sehr weit
auseinander gearbeitet hatten. Wir jüngeren angehenden „Korbmacher“ mussten fast jeden Tag in die Weidenlandschaft hinaus,
um für die Korbmacher das notwendige Weidenrutenmaterial heran zu schaffen.
Dadurch hatten wir dort in der Werkstatt nur wenig Gelegenheit und Zeit, um das Korbmacher- Handwerk zu erlernen. Über die
Herstellung des Bodengeflechts eines Korbes kam ich nicht hinaus. Eines Tages benötigte man mehr Arbeitskräfte für das
Außenarbeits-Kommando, für die sowjetische Stadt-Kommandantur und sofort sprang ich dort ein, weil mir bekannt war, dass es dort
auch etwas zu Essen gibt. Diese kleine Arbeitsgruppe bestand meist aus 8 – 10 Mann, die auf dem Gelände der sowjetischen
Ortskommandantur verschiedene Arbeiten zu verrichten hatte, wie Holz sägen und hacken, die Küchenöfen beheizen usw.
Ein sowjetischer Posten hatte uns morgens aus dem Internierungslager zur Arbeit abgeholt und abends wieder zurück gebracht. Am
Tage waren wir auf dem Gelände der Kommandantur ohne Bewachung. Scheinbar hatten die Russen keine Angst – wie die Rumänen –
dass wir abhauen könnten. Zum vierten, also dem Innenarbeits-Kommando im Internierungslager wollte keiner von uns gerne gehen,
weil hier verschiedene Arbeitsverrichtungen im Lager, stets unter Aufsicht erfolgten und es da auch kein zusätzliches Essen gab. Ich
hatte das Glück dort nicht arbeiten zu müssen. Um den 1. April 1946 wurden wir hier von Oradea aus per Güterwagentransport,
wieder unter strenger rumänischer militärischer Bewachung nach Sighet im Gebiet von Maramuresch, in den Norden Rumäniens
gebracht und dort dem sowjetischen Militär übergeben. Damit war die rumänische Herrschaft hier über uns, für immer beendet. Ab
jetzt und hier in Sighet unterstanden wir 1946 der sowjetischen militärischen Herrschaft, die uns jetzt auch in die Sowjetunion zur
Zwangsarbeit bringen konnten. Damit hatten wir jetzt auch gerechnet, doch danach kam es ganz anders, wir wurden im Juni 1946
–durch die Sowjetarmee- nach Deutschland zurück gebracht.
Auf unserer jetzigen Bukowinareise 2002 fuhren wir hier in Rumänien ab Oradea in Richtung Nordosten, südlich an der rumänisch-
ungarischen Grenze -im Gebirge- entlang, mit dem Ziel in die noch sehr entfernte rumänische Südbukowina zu gelangen. Die
Straßenverhältnisse waren hier in Rumänien sehr schlecht und hier auf unserer Fahrtroute durchs Gebirge waren sie noch schlechter,
so dass unser Reisebus nur langsam bis auch sehr langsam fahren konnte. Es waren nur schlechte Fernverkehrsstraßen, auch
Nebenstraßen und Gebirgsstraßen mit einem hohen Anstieg und sehr vielen scharfen Kurven, wo unser Reisebus nur eine
Geschwindigkeit von 50 km/h, bzw. nur 30 km/h und auch noch langsamer fahren musste.
Die Reise durch diese herrliche Gebirgsgegend war sehr schön, aber dafür nur sehr langsam.
Gegen Abend erreichten wir im Gebirge die rumänische Grenzstadt „Satu Mare“, wo wir unsere zweite Zwischenübernachtung hatten.
Diese im Norden Rumäniens liegende Grenzstadt Satu Mare hatte mich recht überrascht. Es ist nicht nur eine große, sondern auch
eine schöne Stadt in herrlicher Gegend gelegen. Hier trafen wir ein sehr großes, schönes und auch sauberes Hotel an, mit
gastfreundlicher Bedienung und einer ausgezeichneten Versorgung. Das dortige große Hotel ist recht attraktiv und bietet ihren Gästen
eine ausgezeichnete Unterkunft und Versorgung. Am darauf folgenden Tag ging es nach dieser zweiten Zwischenübernachtung von
der historischen Grenzstadt Satu Mare, südlich der rumänisch-ukrainischen Grenze entlang in Richtung Osten, durch schöne
Gebirgslandschaften in das Gebiet von Maramuresch hinein und erst danach ging es nach Osten in die entfernte Stadt Suczawa, in die
Südbukowina.
Am Donnerstag, dem 27. Juni 2002, war unser 3. Anreisetag.
Nach einem sehr guten und reichhaltigen Frühstück am Büfett, fuhren wir um 08,00 Uhr ab
„Satu Mare“, weiter in Richtung Nordosten über Baia Mare und die Grenzstadt Sighet, zur Südbukowina nach Suczawa zu gelangen, die
von hier aus jedoch noch recht weit entfernt war. Zunächst fuhren wir in die nördliche rumänische Grenzstadt Sighet hinein. mit heute
30.000 Einwohnern und passierten sie nur, ohne darin eine Ruhepause einzulegen und daher hatte ich keine Möglichkeit sie näher zu
besichtigen.
Damals 1946 in der Stadt Sighet im Norden Rumäniens
So fuhren wir damals -im Juni 2002- von der Stadt „Satu Mare“ über Baia Mare zur nördlichen rumänischen Grenzstadt Sighet– auch
ein Ort meiner schlechtesten Jugenderlebnissen. Auch die Stadt Sighet, die wir hier auf unserer Reise 2002 durchfuhren, ist in meinen
Erinnerungen aus der Zeit vom Frühjahr 1946 eine traurige Station meines Jugendlebens. Sighet im Gebiet Maramuresch liegt im
Norden Rumäniens, direkt an der ukrainischen Grenze – dem Gebiet „Ukrainskije Karpaty“, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in
diesem rumänischen Grenzgebiet.
Wie ich bereits geschildert habe, wurden wir deutsche Internierte im Frühjahr 1946 aus dem Internierungslager Oradea durch das
rumänische Militär nach Sighet gebracht und dort der damaligen Roten Armee übergeben. Hier war ich von April bis Juni 1946 in
sowjetischer Internierung. Gerne hätte ich mir die Örtlichkeit von Sighet angeschaut, wo ich damals als 15-jähriger Junge 4 Monate
hinter Stacheldraht leben musste. Da es für unseren Reisebus nur eine Durchfahrt war, war hier eine Besichtigung für mich nicht
möglich. Doch in Gedanken fühlte ich mich in diese Zeit der Vergangenheit, vor 56 Jahren zurück versetzt und erlebte es wie in einem
Traum.
So wurden wir deutsche Internierte im Frühjahr 1946 von Oradea nach Sighet gebracht. Hier kamen wir in ein Internierungslager
unter sowjetischer Bewachung. Das Objekt war vermutlich eine durch Kriegseinwirkungen teilweise zerstörte ehemalige höhere
Schule. Da die Turnhalle dort unbeschädigt war, wurden die meisten von uns dort Familienweise im Massenquartier untergebracht.
Großflächige Holzpritschen-Lagerbetten, bestehend aus 3 Etagen waren nun unsere neue „Heimat“. Nur ein kleiner Teil unserer Leute
war dort auch im unbeschädigten Schulgebäude, in kleineren Räumen, auch Familienweise untergebracht.
Unser dortiges deutsches Internierungslager hatte etwa 650 Personen, alle aus der Nordbukowina. Das Lager war durch einen hohen
Bretterzaun und Stacheldraht abgesichert. Die sowjetische Lagebewachung bestand aus etwa 20 Mann und war auch in diesem
Objekt –in einem dortigen massiven Bau- untergebracht.
Das Lager hatte eine Militärküche und extra eine Verpflegungskammer.
Gleich nach unserer dortigen Ankunft wurden für die Küche Hilfskräfte gesucht und schon waren mehrere unserer Frauen in der
Küche tätig. Sie hatten dort gearbeitet, aber auch für Ordnung und Sauberkeit gesorgt. Da der sowjetische Militärkoch durch unsere
Frauen in seiner Arbeit mehr entlastet wurde, war er damit zufrieden und ließ unseren Frauen auch in der Gestaltung des
Speiseplanes – nach den vorhandenen Produkten – freier Hand. Unsere Verpflegung war in diesem sowjetischen Lager mit der
rumänischen Mamaliga-Verpflegung in Oradea (aus Maismehl gekocht), nicht zu vergleichen. Auch die Verpflegungsausgabe erfolgt
nicht massenweise, sondern einzeln direkt aus der Küche. Die Wege waren kurz und das Essen meist immer noch gut warm.
Für stärkere Esser gab es hier auch Nachschlag und wer ganz frech war, der hatte sich einfach noch einmal angestellt und wenn noch
etwas da war, hatten die „Frechen“ auch noch ein drittes Mal Essen empfangen.
Unsere deutschen Frauen, die auch das Essen ausgegeben hatten, hatten da bewusst nicht so darauf geachtet.
Zum Frühstück gab es 650 g Brot Tagesration und Tee, mittags gab es Kascha oder andere Suppen und zum Abend ebenfalls Suppen.
Wer zur Arbeit – außerhalb des Lagers ging – der hatte dort meist auch noch sein Mittagessen bekommen und das Lageressen stand
ihm dabei auch noch zu. Dadurch war das Essen hier – von der Menge her – reichlich. Zu unserer medizinischen Versorgung gab es
hier einen sowjetischen Militärarzt im Dienstgrad Major und aus unserer Mitte auch eine Krankenschwester.
Wir durften das Lager einzeln oder auch in kleineren Gruppen am Tage und außerhalb der Arbeitszeit verlassen, so oft und so lange
man wollte. Am Tage gab es später, nur einen Torposten am Haupteingang, der alle zwei Stunden abgelöst wurde.
Da der Aus- und Eingang gar nicht registriert wurde, gab es gar keine Übersicht, wer draußen und wer schon wieder zurück war.
Wenn wir Jugendlichen in größeren Gruppen raus wollten und der Posten dagegen Einwände hatte, da halfen einige Zigaretten für den
Torposten, diesen Ausgang auch in einer größeren Gruppe durchzuführen. Für einige Zigaretten hatte der Posten immer beide Augen
zugemacht und wir konnten das Lagertor passieren. Für die innere Lagerordnung hatte der sowjetische Lager-Kommandant einen
deutschen Lagerleiter eingesetzt, dem einige unserer jungen Männer als Lagerpolizei direkt unterstanden.
Für alle Männer ab 14 Jahren war hier Arbeitspflicht.
Morgens um neun Uhr war auf dem Hof antreten, wo unser deutscher Lagerleiter, nach einer Liste der Arbeitsanforderung, die
Einteilung in Brigaden zur jeweiligen Arbeit vornahm. Es gab sehr gute, gute und auch weniger gute Arbeitsplätze.
Die erwachsenen Männer hatten sich immer die besten Arbeitsplätze ausgesucht, wir Jugendlichen mussten meist die Arbeiten
übernehmen, die noch übrig blieben, weil die älteren Männer es nicht machen wollten. Die Arbeitszeit war sehr locker, von nach neun
Uhr bis gegen Abend durchgehend, mit oder ohne Mittagessen, je nachdem ob es da etwas gab oder nicht.
Unser Mittagessen wurde im Lager durch unsere Angehörigen für uns empfangen und aufgehoben.
Da wir von den Außenarbeits-Kommandos nicht zum Mittagessen ins Lager kamen, konnte meine Mutter meine Essenration im Lager
empfangen, sie mit verzehren oder ich davon noch etwas zum Abend essen. Auf den Arbeitsplätzen wo es kein Essen gab, da waren
wir Selbstversorger sowie erfinderisch und organisierten uns etwas.
Bei den ganzen Arbeitseinsätzen hatten wir keine Bewachung.