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Auf dem Wege nach Sibirien
Im Herbst 1940 wurden wir Deutsche aus der gesamten Bukowina -staatlich in
Sonderzügen- in das damalige Deutsche Reich
umgesiedelt. Danach wurden wir Umsiedler hier im Reich –nach einem langweiligen und
eintönigem Lagerleben, ab 1941 eingebürgert und danach in den neuen deutschen
Ostgebieten bzw. im Altreich angesiedelt.
Etwa 60.000 dieser buchenlanddeutschen Umsiedler erhielten im Warthegau bzw. in Ost-
Oberschlesien eine neue Heimat.
Kaum waren die angesiedelten Umsiedler dort sesshaft geworden und hatten ihre Lebensverhältnisse neu eingerichtet, da
rückte Mitte Januar 1945 die Ostfront diesem Ansiedlungsgebiet Warthegau und Ost-Oberschlesien immer näher und zwang sie
alle von dort, vor der Sowjetarmee, in Richtung Westen zu flüchten. Doch von einer „Flucht“ durfte damals dort gar nicht
gesprochen werden, sondern von einer „zeitweiligen Evakuierung“, die befohlen werden sollte und erst dann konnte sie erfolgen.
Doch dieser Befehl zur „Evakuierung kam in den meisten Fällen viel zu spät und in einigen Ortschaften auch gar nicht an.
Da die dort angesiedelten Deutschen nicht rechtzeitig nach Westen fliehen durften und daher erst „in letzter Minute“ die Flucht
ergreifen konnten, entstand unter ihnen Panik, Hast und Eile sowie Angst und dabei ein großes Durcheinander.
Wer es dennoch geschafft hatte von dort rechtzeitig wegzukommen, der hatte Glück, kam mit seinem Fluchtfahrzeug auf den
Straßen noch gut voran und war dadurch in relativer Sicherheit. Die Flüchtlinge die ihren dortigen Wohnort zu spät verlassen
hatten, gerieten mit ihren Pferdewagen in den Trubel der vielen Militärfahrzeuge hinter der Front und kamen dadurch in ihrer
Flucht nach Westen nicht recht voran.
Viele dieser Ansiedler die im Januar 1945 diese Flucht -aus den neuen deutschen Ostgebieten in Richtung Westen- nicht geschafft
hatten oder auf ihrer Flucht zu langsam voran kamen, wurden von den sowjetischen Panzerspitzen eingeholt, gefangen
genommen und in ihre Ansiedlungsgebiete zurück geschickt. Damit war ihre Flucht nach Westen zu Ende. Manche unserer
Umsiedler kam von dort gar nicht weg und wurde bereits in seinem Ansiedlungsort von der Sowjetarmee überrascht. Dort in
Polen wurden diese buchenlanddeutschen Umsiedler zunächst interniert und danach im Sommer 1945 zur Zwangsarbeit in die
Sowjetunion deportiert. Anfang des Jahres 1945 hatte Stalin den Befehl erlassen, alle deutschen Flüchtlinge aus den sowjetischen
Gebieten, wie die Wolgadeutschen und die Schwarzmeerdeutschen die vor der Front mit der deutschen Wehrmacht nach
Deutschland geflohen sind, aufzuspüren und sie als „Staatsverräter“ in die Sowjetunion zurück zu bringen. Hier sollten sie zur
Verantwortung gezogen werden.
Die deutschen Umsiedler aus der sowjetisch besetzten Nordbukowina waren im Herbst 1940 keine Flüchtlinge und hatten nach
der sowjetischen Besetzung der Nordbukowina am 28. Juni 1940- auch nicht –laut deutsch/sowjetischem Umsiedlungsvertrag
vom 05. September 1940- automatisch die sowjetische Staatsbürgerschaft erhalten, wie alle anderen dortigen Bewohner. Daher
bildeten diese deutschen Umsiedler eine Ausnahme. Doch diese Umsiedlung der Deutschen aus diesen sowjetischen Gebieten
wurde damals in der Sowjetunion geheim gehalten und war daher auch den verantwortlichen und leitenden höheren
sowjetischen Offizieren damals in der Sowjetunion gar nicht bekannt geworden. Daher stellten sie die Wolga- und
Schwarzmeerdeutschen sowie auch die Buchenlanddeutschen auf eine Stufe ihrer „Staatsverräter, die ja 1945 –laut Stalins
Befehl- in die Sowjetunion zurück zu bringen waren. Daher waren die deutschen Flüchtlinge aus den neuen deutschen
Ostgebieten, die auf ihrer Flucht durch die Sowjetarmee eingeholt bzw. überholt wurden, die ersten dieser Opfer, die als
„Staatsverräter“ in die Sowjetunion abtransportiert wurden. Dadurch gingen im Sommer 1945 mehrere Transporte mit
buchenlanddeutschen Flüchtlingen unter sowjetischer Militärbewachung aus Polen und auch aus der Tschechoslowakei in die
Sowjetunion ab.
Doch in der sowjetischen Besatzungszone in Deutschland gab es im Sommer 1945 durch die sowjetischen Kommandanturen zu
Stalins Befehl über „die Rückführung der deutschen Flüchtlinge in die Sowjetunion“ unterschiedliche Aktivitäten. Während die
sowjetische Besatzungsmacht in Sachsen und Brandenburg zu Beginn dabei aktiv gehandelt und solche Transporte in die
Sowjetunion abgeschickt hatten, war es in ihren anderen Gebieten wie Thüringen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg nicht der
Fall. Die sowjetischen Kommandanturen in Sachsen genötigten die buchenlanddeutschen Flüchtlinge mit verschiedenen
Zwangsandrohungen das Land Sachsen zu verlassen und sich in das rumänischen Rückführungslagern in Leipzig zu begeben, mit
jeweils der Begründung „jeder sollte dort hinziehen, wo er am 01. September 1939 gewohnt hatte“.
Dadurch beschwichtigten sie nur die Leute, um sie gefügig zu machen und so ihren Einzug ins Rückführungslager Leipzig zu
erreichen. Hätten die sowjetischen Kommandanturen den buchenlanddeutschen Flüchtlingen die Deportation nach Sibirien
angedroht, dann wäre Panik unter den Flüchtlingen ausgebrochen und sie wären in die westlichen Besatzungszonen geflüchtet.
Auch der Begriff „Rumänisches Rückführungslager“ in Leipzig war für die buchenlanddeutschen Flüchtlinge irreführend, denn
der dortige verantwortliche Lagerführer war ein sowjetischer Offizier, der im Sinne der sowjetischen Führung gehandelt
hatte.Beim Abtransport der Flüchtlinge fuhren die Transportzüge aus Leipzig nicht in Richtung Süden –durch die
Tschechoslowakei und Ungarn- nach Rumänien sondern nach Nordosten und Osten in Richtung Polen und der Sowjetunion.
Dabei kam bei diesen Flüchtlingen die erste angstvolle Parole auf „es geht nach Sibirien“.
Nur „bestimmten Umständen“ war es zu verdanken, dass unser Transport aus Frankfurt/Oder nicht nach Polen -in Richtung
Sowjetunion- abgefahren war, sondern in Richtung Süden über Dresden und Prag nach Rumänien. So landeten einige dieser
abgeschickten Transporte aus Sachsen und Brandenburg in der Sowjetunion, andere in der sowjetisch besetzten Nordbukowina
in Czernowitz und einige auch in Arad /Rumänien. Warum diese Transporte so unterschiedliche Ziele erreicht hatten, ist mir bis
heute unbekannt. Da alle diese Transporte mit Umsiedlern aus der sowjetisch besetzten Nordbukowina sowie auch mit
Umsiedler aus der rumänischen Südbukowina belegt waren, hatte das beim Transportziel gar keine Rolle gespielt. Es muss dabei
wohl an verschiedenen anderen Umständen gelegen haben. Einige nachfolgende Erlebnisberichte solcher buchenlanddeutscher
Flüchtlinge von 1945 sollen durch ihr persönliches Schicksal es hier belegen, wie es damals zuging und auch in Wirklichkeit war,
welche Transporte wohin gebracht wurden, in die Sowjetunion, in die sowjetische Nordbukowina nach Czernowitz oder auch
nach Rumänien.
Als erlebnisreicher Zeitzeuge dieser Zeit möchte ich durch meine literarische Arbeit mit dazu beitragen, dass dieses Leid und
Elend vieler meiner Landsleute von 1945 und danach, nicht so schnell vergessen wird. Daher wirke ich und trete gegen das
Vergessen auf!