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Willi Kosiul Autor
aus der Bukowina

über Storozynetz

die damalige Kreisstadt im nördlichen Teil der Bukowina Die Stadt Storozynetz, auf deutsch Stroschnitz geschrieben und ausgesprochen, liegt im nördlichen Teil der Bukowina (auf deutsch Buchenland), 20 km südwestlich von Czernowitz entfernt, östlich und direkt am großen Fluss Sereth. Die Stadt liegt direkt an der Fernverkehrsstraße (der einstigen österreichischen Militärstraße) die -mit der Eisenbahn-, den Norden und Süden der Bukowina miteinander verbinden. Storozynetz liegt in der Flussniederung des Sereth, in einer Senke, etwa 350 m über dem Meeresspiegel. Westlich und nördlich von ihr steigen die Berge auf 480 m bis 500 m an. Auf Grund dieser hohen Berge konnte damals keine direkte Einsenbahn-Verbindung zwischen Storozynetz und Czernowitz errichtet werden, sondern musste auf großen Umwegen -in einem großen Bogen- über Hliboka erfolgen. Der Name Storozynetz entspringt dem kleinrussisch-ruthenischen Wort „Storoz“und bedeutet auf Deutsch = „Wächter“ oder „Bewachung“. Im diesem Ort am Fluss Sereth gab es einst einige herrschaftliche konzentrierte bewaffnete Kräfte, der reichen Herrschaften dieser Gegend, die sie dort für die Bewachung dieser Gegend und ihres Eigentums eingesetzt hatten. Diese damalige kleine Wachmannschaft am östlichen Flussufer des Sereth hatte die Aufgabe, ihre Herrschaft vor Raub- und Bandenüberfällen zu schützen und das Gebiet zu sichern. Am 18. Februar 1448 wurde dieser Ort mit dem Namen Storozynetz in einer Schenkungs- Urkunde des moldauischen Fürsten erwähnt und wurde dabei Privateigentum eines Großgrundbesitzers. Im Jahre 1514 kam die gesamte Moldau, einschließlich der „Nördlichen Moldau“ und damit auch Storozynetz unter türkischer Oberhoheit. Jedoch weder die Moldau noch die Osmanen kümmerten sich um den militärischen Schutz der „Nördlichen Moldau“. Dieses Gebiet - wie auch Storozynetz- war allen möglichen Überfällen militärischer Horden und Banden aus dem Osten und auch aus dem Norden ausgesetzt. Im russisch-türkischen Krieg (1768 – 1774) war Storozynetz in den Jahren von 1769 bis 1774 von russischen Besatzungstruppen belagert. Im Jahre 1774 besetzten die österreichischen Truppen (noch im Beisein der russischen Besatzungstruppen und einer freundschaftlichen Vereinbarung mit ihnen), friedlich die gesamte Bukowina und damit auch Storozynetz für immer. Bei der österreichischen Besetzung 1774 bestand Storozynetz aus zwei territorial getrennten Wohnsiedlungen und hatte zusammen 35 Familien mit insgesamt etwa 170 Einwohnern. In den folgenden Jahren wurden diese zwei getrennten Wohnsiedlungen –durch weiteren Wohnungsbau und Zuzügen- und auch durch die Eingemeindung weiterer Häusergruppen vergrößert. Im Jahre 1780 hatte Storozynetz schon 132 Familien mit insgesamt etwa 650 Einwohnern und dehnte sich in der weiteren Zeitfolge im Serethtal, an beiden Seiten des Serethflusses weiter aus. Bis zum Jahre 1847 bestand Storozynetz aus 2 Teilen = getrennte Wohnsiedlungen, aus Unter-Storozynetz und aus Ober-Storozynetz, die dann zu einer Gemeinde vereinigt wurden. Diese Zusammenlegung dieser beiden Dörfer –sowie die Eingliederung weiterer Wohnsiedlungen der Umgebung- zu einer Gemeinde vergrößerte die Gemeinde Storozynetz bedeutend. Die zentrale Lage von Storozynetz sowie die günstigen Verkehrsverbindungen nach Norden und Süden führten zu einer weiteren guten Entwicklung dieser Gemeinde. Im Jahre 1848 wanderten die ersten deutschen Kolonisten, überwiegend Handwerker und Kaufleute in das alte moldauische Dorf Storozynetz ein und siedelten sich hier an. Danach kamen weitere deutsche und auch andere Kolonisten und ließen sich hier nieder. Diese deutschen zugewanderten Gewerbetreibenden und Kaufleute trugen viel dazu bei, dass die Gemeinde Storozynetz sich gut entwickelt hatte. Im Jahre 1858 wurde in Storozynetz die erste einklassige Volksschule errichtet, die zunächst jedoch nur dürftig besucht wurde, weil die Eltern in der Bildung ihrer Kinder keinen Sinn oder Vorteil sahen und sie ihre Kinder zu Hause als Arbeitskraft benötigten. Doch trotz der Abneigung und fehlenden Bereitschaft der Eltern ihre Kinder zur Schule zu schicken, wurde bald auch die zweite Volksschule noch größer gebaut und eröffnet. Doch nach und nach veränderte sich die Einstellung der Eltern zum Schulbesuch ihrer Kinder und später wurde auch hier die Schulpflicht eingeführt. Danach hatte Storozynetz bald zwei sechsklassige Volksschulen, getrennt für Mädchen und Jungen. Doch auch diese beiden Schulen reichten bald nicht mehr aus, um alle schulpflichtigen Kinder darin aufnehmen zu können. 1864 erhielt die Gemeinde Storozynetz eine römisch-katholische Lokalkaplanei für seinen Ort und diese Umgebung. Die Kirchengemeinde Storozynetz war zu dieser Zeit noch klein und hatte auch nur wenige Katholiken. Da Storozynetz damals keinen eigenen Kaplan hatte, kam der Kaplan oder Pfarrer nur zu besonderen Anlässen aus anderen Orten –überwiegend aus dem 26 km entfernten Althütte, hierher und zelebrierte den Gottesdienst oder führte Kindtaufen, Trauungen oder Beisetzungen durch. Im Jahre 1869 hatte die Gemeinde Storozynetz bereits 3.861 Einwohner, die in 636 Häusern wohnten und 1880 waren es dann schon 5.139 Bewohner. In den Jahren 1885 und danach kamen mehrere südwestdeutsche protestantische Kolonisten nach Storozynetz und Umgebung, in ihrer Weiterwanderung aus Galizien. Sie ließen sich hier nieder und wurden auch für immer sesshaft. 1886 wurde hier eine der ersten Lokaleisenbahnen gebaut, mit der Verbindung Storozynetz – Hliboka – und Berhometh, mit dem Anschluss an die Haupteisenbahnstrecke Czernowitz – Lemberg – Suczawa und Jassy. Dadurch gab es jetzt aus Storozynetz eine Eisenbahnverbindung nach Norden und auch nach Süden über die Landesgrenze hinaus. Durch die natürliche zentrale Lage von Storozynetz in dieser Gegend, der guten Straßenverbindungen, dem Fluss Sereth und danach auch der Eisenbahnverbindung konnten sich die Gemeinde und ihre Wirtschaft recht schnell und gut entwickeln. Diese gute wirtschaftliche Entwicklung von Storozynetz führte dazu, dass es bald eine Marktgemeinde und später auch zur Stadt erhoben wurde. Im Jahre 1887 wurde Storozynetz –mit ihren umliegenden Wohnsiedlungen und Dörfern zur selbständigen Pfarrei erhoben, somit aus der Pfarrei Althütte ausgegliedert und erhielt jetzt einen eigenen selbständigen Pfarrer. Bis 1887 gehörte die Kirchengemeinde Storozynetz zur 26 km entfernten Pfarrei Althütte, wo auch die Kirchenbücher –über alle kirchlichen Ereignissen von Storozynetz, zu denen der Kaplan oder Pfarrer aus Althütte nach Storozynetz kommen musste- geführt wurden. 1890 hatte die Ortsgemeinde Storozynetz 5.674 Einwohner, davon 2.387 mit deutscher Umgangssprache (darunter auch einige Juden). Die römisch-katholische Pfarrei Storozynetz hatte zu dieser Zeit bereits 800 Seelen, davon 420 Polen und der Rest Deutsche. 1892 erhielt die Gemeinde Storozynetz das Marktrecht und wurde somit Marktort oder auch Marktgemeinde (= Marktflecken) genannt. Dieser wichtige Marktort von Storozynetz entwickelte ein gutes regelmäßiges wöchentliches Markttreiben und den Handel in dieser Umgebung. Im Jahre 1900 wurde die Marktgemeinde Storozynetz zum Verwaltungsort der Bezirks- Hauptmannschaft Storozynetz erhoben, war damit eine der zehn Bezirks-Hauptmannschaften in der Bukowina und hatte 2 Gerichtsbezirke, 38 Dorfgemeinden mit vielen dazu gehörenden Dörfern sowie Wohnsiedlungen und 33 Gutgebiete zu verwalten. Am 21. Mai 1904 wurde die Marktgemeinde Storozynetz zur Stadt erhoben und erhielt das Stadtrecht mit der Beibehaltung des Marktrechtes. Es war weiterhin auch der Sitz der Bezirks- Hauptmannschaft, mit zwei Bezirksgerichten, eines davon auch in Storozynetz. Im Zuge einer Verwaltungsreform in der Bukowina wurde Storozynetz, noch vor 1914 aus einer Bezirks-Hauptmannschaft in eine Kreisstadt umbenannt und blieb es auch in der rumänischen Herrschaftszeit –als Kreis Storozynetz- so bestehen. Im Zuge des Ersten Weltkrieges wurde auch Storozynetz gleich zu Beginn des Krieges 1914, dann 1915 und nochmals im Mai 1916 durch russische Truppen –jeweils mehrere Monate- besetzt und bis Frühjahr 1917 belagert. Diese abwechslungsreichen Kämpfe zwischen österreichischen und russischen Truppen brachten auch viele Zerstörungen mit sich sowie viel Leid und Not für die dortige Bevölkerung. Wegen der russischen Februarrevolution 1917 zogen sich die russischen Truppen danach kampflos aus Storozynetz und dieser Gegend nach Osten in ihre Heimat zurück. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Storozynetz –wie die gesamte Bukowina- im November 1918 durch rumänische Truppen kampflos besetzt und es für immer an Groß-Rumänien angegliedert. Danach hieß diese Kreisstadt auf Rumänisch „Storojinez“. Im Jahre 1939 hatte unsere Kreisstadt Storozynetz = 8.611 Einwohner, davon 497 = 6 % Deutsche. Am 28. Juni 1940 besetzte die Sowjetarmee auch Storozynetz sowie den gesamten nördlichen Teil der Bukowina für immer und unterstelle es der ukrainischen Sowjetrepublik. Diese sowjetische Besetzung hatte die Umsiedlung der dortigen Deutschen in das Deutsche Reich zur Folge. Im Oktober und November 1940 siedelten aus dem Bereich Storozynetz und Umgebung (der Stadt und weiteren 12 Dörfern) = 3.070 Personen, organisiert in drei Sonderzügen in das Deutsche Reich um. Davon waren etwa 920 Umsiedler aus der Stadt Storozynetz und den dazu gehörenden Ortschaften. Mit der Umsiedlung der Deutschen aus der Stadt Storozynetz sowie der gesamten Umgebung im Herbst 1940 hörte auch hier die deutsche Volksgruppe auf zu existieren. Anfang 1941 hatte die Kreisstadt Storozynetz insgesamt = 7.130 Einwohner, davon 75 % Rumänen, 13 % Polen, 11 % Ukrainer und auch einige zurückgebliebene deutsche Mischehen. Nach Beginn des Krieges zwischen dem Deutschen Reich und der Sowjetunion am 22. Juni 1941 zogen sich die sowjetischen Besatzungstruppen aus Storozynetz –wie aus der gesamten Nordbukowina ohne Kampfhandlungen nach Osten, in ihr Land zurück. Anfang Juli rückten rumänische Truppen nach und besetzten wieder Storozynetz sowie auch dieses gesamte Gebiet. Am 05. Juli 1941 wurden etwa 200 Juden aus der Stadt Storozynetz und der näheren Umgebung als „Verräter“, durch das rumänische Militär in Storozynetz zusammen getrieben und gleich danach standrechtlich erschossen. Hier blieb kein Jude zurück. Am 30. März 1944 wurde Storozynetz wieder durch sowjetische Truppen besetzt, dieses Mal absolut für immer und wurde wieder administrativ der Ukraine unterstellt. Im Jahre 1945 und 1946 wurden von hier, auch alle Polen nach Polen umgesiedelt. 1946 wurde in der gesamten sowjetisch besetzten Nordbukowina eine Verwaltungsreform durchgeführt. Hierbei wurde der Kreis Storozynetz –wie auch alle anderen Kreise- aufgelöst, zu einem Verwaltungsgebiet Czernowitz zusammengefasst und direkt der ukrainischen Hauptstadt Kiew unterstellt. 1968 hatte die Stadt Storozynetz etwa 10.100 Einwohner und heute etwa 16.000 Einwohner mit einem kleinen täglichen Basar. Storozynetz (heute auf ukrainisch Storojinez genannt) ist heute der regionale Mittelpunkt der südlichen Nordbukowina. Hier sind das Gericht mit der Staatsanwaltschaft und den Rechtsanwälten, die medizinischen Einrichtungen und auch die Einkaufsmöglichkeiten für diese gesamte südliche Region. Die Entfernung von Storozynetz nach Czernowitz beträgt 22 km, nach Czudyn 16 km, nach Krasna 24 km und nach Althütte 28 km. Weitere und noch umfangreichere Informationen dazu gibt es in meinen bereits angeführten drei Büchern über die Bukowina.
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